Den Kasten bringt nichts aus der Ruhe
Zum krönenden Jahresabschluss fuhr die Tiroler Tageszeitung bereits mit der brandneuen Dieselversion des kantigen Geländewagens G-Klasse von Mercedes – traktionssicher aufs Timmelsjoch.
Von Markus Höscheler
Sölden –Langfristig mag der Diesel schlechte Karten haben, vorerst hat diese Antriebsart weiterhin ihre Berechtigung bei einem Großteil des Fahrzeugangebots. Das findet jedenfalls Mercedes. Der schwäbische Autoproduzent hält am Selbstzünder fest, auch und vor allem in den größeren Baureihen. Selbst wenn es anfangs gar nicht so aussah, als zu Beginn dieses Jahres die neue Generation der G-Klasse vorgestellt wurde. Da war offiziell nur von Benzinmotoren die Rede – und zwar von ziemlich starken. Ein doppelt aufgeladener V8-Ottomotor mit vier Litern Hubraum und zwei Leistungsstufen (eine für die AMG-Variante) – ansonsten blieb die Preisliste recht übersichtlich. Ab Jänner wird sich das ändern, denn dann erfolgt nach Plänen von Mercedes der Bestellstart für eine dritte G-Klasse-Version, bestückt mit einem völlig neuen 2,9-Liter-Reihensechszylinder-Turbodiesel. Der OM656, so das interne Kürzel für das Aggregat, soll gegenüber dem früher in der G-Klasse eingesetzten Diesel leistungsstärker und verbrauchsärmer sein. Nebenbei darf er sich einer hohen Laufkultur rühmen.
Dass dies tatsächlich so ist, durfte die Tiroler Tageszeitung im Spätherbst bei Fahrten aufs offiziell gesperrte Timmelsjoch in Erfahrung bringen. Schnee und Eis widersetzten sich zwar dem Vorhaben, aber die natürlichen Hindernisse waren nicht stark genug, um dem 286 PS starken Geländewagen von Mercedes das Vorankommen auszutreiben. Der Ölbrenner verteilte gekonnt via Neunstufenautomatik die Kräfte auf beide Achsen, ein früh anliegendes Drehmomentmaximum von 600 Newtonmetern (zwischen 1200 und 3200 Touren) beruhigte die letzten Skeptiker bei der herausfordernden Fahrt auf Höhen jenseits der 2500-Meter-Marke. Das Schwergewicht war nicht wirklich aus der Ruhe zu bringen, selbst in Kehren hielt das Modell gutmütig die Spur. Beruhigend war die Tatsache, dass die G-Klasse für außergewöhnlich knifflige Aufgaben im Gelände noch einige Asse im Ärmel ausspielen könnte, etwa die Aktivierung von insgesamt drei Sperren.
Wir wollen uns nicht sperren, was die Neuigkeiten bezüglich des Dieselmotors anbelangt. Mercedes hat nicht nur die Bauart verändert (Reihe anstelle von V-Form), sondern auch einige neue Maßnahmen umgesetzt, um die Effizienz zu erhöhen. Hier ragen das Stufenmuldenverbrennungsverfahren, eine zweistufige Abgasturboaufladung, eine variable Ventilsteuerung, eine spezielle Nanobeschichtung der Zylinderlaufbahnen und eine dynamische Abgasrückführung heraus. Das und die Verwendung eines SCR-Katalysators zur weitgehenden Reduktion von Stickstoffoxiden sorgen dafür, dass der Selbstzünder die Anforderungen der Abgasnorm Euro 6d-TEMP erfüllt und auch für die Überprüfung auf der Straße (RDE – Real Driving Emissions) geeignet ist. Den Normverbrauch gibt Mercedes für die G-Klasse 350 d mit 9,6 bis 9,8 Litern je 100 Kilometer an, den CO2-Ausstoß je Kilometer mit 253 bis 259 Gramm.
Nun mag der G 350 d nicht ganz so agil wie seine beiden hochgezüchteten Benzinbrüder sein, so reicht es dennoch für eine Respekt verdienende Beschleunigung von null auf 100 km/h in 7,6 Sekunden. Als Höchstgeschwindigkeit gibt der Autobauer 199 km/h an – ein Tempo, das sich nicht im Gelände empfiehlt.
Der Preis steht noch nicht fest. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der 350 d deutlich weniger kostet als der 422 PS starke „Basisbenziner“ (ab 142.900 Euro). Um einen sechsstelligen Betrag wird aber auch der Dieselfreund nicht herumkommen, wenn es die neue G-Klasse sein soll.