Demokraten bringen sich in Stellung: Surfen auf der Anti-Trump-Welle
Nach Weihnachten dürfte klarer werden, wer 2020 den US-Präsidenten herausfordern will.
Von Floo Weißmann
Washington –Dutzende US-Demokraten werden das Weihnachtsfest zur Besinnung nützen: Sollen sie 2020 Präsident Donald Trump herausfordern? Die erste Abstimmung der Vorwahl-Saison findet in 411 Tagen in Iowa statt. Doch hinter den Kulissen haben die Vorbereitungen längst begonnen. Interessenten haben frühe Vorwahlstaaten besucht, Geld gesammelt und Kontakte geknüpft. In den kommenden Wochen dürften sich die ersten aus der Deckung wagen.
Als sicher gilt vorerst nur, dass das Bewerberfeld sehr groß sein dürfte. Mit Trump residiert ein Mann im Weißen Haus, der kaum über einen Amtsbonus verfügt. Er hat schon 2016 landesweit um drei Millionen Stimmen weniger erhalten und ist nur dank des indirekten Wahlsystems Präsident geworden. Seitdem haben sich die Bedingungen für Demokraten verbessert.
Bei der Kongresswahl im November konnten sie ihren Stimmenvorsprung ausbauen. Erfolge feierten sie gerade im Mittelwesten, wo Trump äußerst knapp gewonnen hatte. Deshalb rechnen sich nun viele Demokraten Chancen aus, auf der Anti-Trump-Welle ins Weiße Haus zu surfen.
Dazu kommt, dass es bei den Demokraten diesmal keine logischen Favoriten gibt, die frühzeitig den Großteil der Funktionäre und Sponsoren auf ihre Seite ziehen. Und je mehr Bewerber die großen Wählergruppen bearbeiten, desto eher können auch Außenseiter mit einer kleinen Hausmacht noch mitspielen.
US-Medien aktualisieren laufend ihre Listen von Demokraten, die mit dem Gedanken spielen, 2020 anzutreten. Politico verfolgt derzeit zehn Senatoren, acht Abgeordnete, sechs Gouverneure, vier Großstadt-Chefs, fünf Obama-Veteranen und sechs „Außenseiter“ – von Milliardären bis zu Stars der Unterhaltungsbranche. Es geht um Alter, Geschlecht, Hautfarbe und Ideologie.
Diese Woche fand in Iowa die erste „straw poll“ statt – eine parteiinterne Testabstimmung. Zu diesem frühen Zeitpunkt dokumentieren die Ergebnisse vor allem den Bekanntheitsgrad, aber für Diskussionen taugen sie allemal. Voran lag Senator Bernie Sanders, der 2016 knapp an Hillary Clinton gescheitert war und den Linksruck der Demokraten am authentischsten verkörpert. Doch der 77-Jährige wäre kein Signal des Aufbruchs. Dasselbe gilt für den gut gelittenen Ex-Vizepräsidenten Joe Biden (76), der auf dem zweiten Platz landete.
Erst auf dem dritten Platz folgte mit Beto O’Rourke (46) ein Vertreter der nächsten Generation von Demokraten. Er hat zwar im Senatsrennen in Texas eine Niederlage eingefahren, doch sein Charisma und sein Achtungserfolg im konservativen Süden machten ihn zum liberalen Posterboy.
Viele Insider erwarten allerdings, dass die Antwort der Demokraten auf Trump, dem die Wählerinnen davonlaufen, eine Frau sein wird. Derzeit werden vier Senatorinnen hoch gehandelt: Elizabeth Warren (69) gilt wie Sanders als Ikone der Parteilinken. In einem Identitätswahlkampf besonders aussichtsreich erscheint Kamala Harris (54) – als voraussichtlich einzige Frau unter den nicht-weißen Bewerbern. Warren und Harris landeten bei der straw poll in Iowa auf den Plätzen vier und fünf. Kirsten Gillibrand (52) wiederum hat sich als Sprachrohr der #MeToo-Bewegung einen Namen gemacht.
Mit Ausnahme von Biden stehen alle der Genannten für einen eher progressiven Kurs, der vor allem die eigene Basis mobilisiert. Es gibt aber noch Reste eines moderateren Parteiflügels, der auch in polarisierten Zeiten Wahlen in der Mitte gewinnen und Trump-Dissidenten ein Angebot machen möchte. Ein Signal in diese Richtung wäre etwa Amy Klobuchar (58), die im Mittelwesten auch in ländlichen Regionen punkten konnte.
Den Reigen der hier Ausgewählten rundet ein Außenseiter ab. Michael Bloomberg (76), einst republikanischer Bürgermeister von New York und einer der reichsten Menschen, ist mit Ambitionen zu den Demokraten gewechselt. Auch er gilt als Mitte-Politiker. Und wie einige andere trägt er den Klimaschutz im Banner.
Es mag aber auch sein, dass am Ende jemand ganz anderer gegen Trump antritt.