EU-Afrika-Forum - Start für Jungunternehmerprojekt in Nigeria
Wien (APA) - Es scheint angesichts von Millionen auswanderungswilligen Afrikanern wie der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein, aber...
Wien (APA) - Es scheint angesichts von Millionen auswanderungswilligen Afrikanern wie der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein, aber das Wiener EU-Afrika-Forum wird zumindest 1.000 jungen Nigerianern eine konkrete Perspektive als Jungunternehmer eröffnen. Sie sollen nämlich an einem Lehrlings- und Start-up-Projekt teilnehmen, das am Dienstagnachmittag beim Forum vorgestellt wurde.
Das vom Wiener International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) konzipierte Projekt bringt Unternehmen wie Coca-Cola, Backaldrin („Kornspitz“) und Umdasch mit Ausbildungseinrichtungen wie der MODUL University Vienna, der Universität für Bodenkultur und der katholischen nigerianischen Godfrey Okoye University sowie Regierungsinstitutionen zusammen, um Brain Drain und irreguläre Migration durch praxisorientierte Ausbildung und die Gründung von Start-up-Unternehmen zu bekämpfen.
Im „Nigerian College of Practical Skills and Start-up Centre“ sollen jährlich 1.000 Nigerianer eine handwerkliche Ausbildung, aber auch Startkapital für die Gründung eines eigenen Unternehmens bekommen. Besonderes Augenmerk solle dabei auf Frauen gelegt werden, die mindestens 300 Ausbildungsplätze belegen sollen. Insgesamt erwartet man sich die Schaffung von 1.600 Jobs und 500 bis 800 Jungunternehmen. Bei der Finanzierung soll die aws-Förderbank des Bundes helfen.
„Stabile Lösungen müssen immer auf mehreren Säulen aufbauen. Die Zusammenarbeit zwischen dem privaten und öffentlichen Sektor ist erforderlich, um die Ursachen von Migration anzugehen“, betonte ICMPD-Generaldirektor Michael Spindelegger bei der Präsentation des Projekts im Beisein von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn.
Der Umfang des Projekts „sieht angesichts von 200 Millionen Einwohnern (in Nigeria) nicht nach viel aus“, räumte Spindelegger ein. „Aber es ist ein Ausgangspunkt. Wir können damit Hoffnung und eine Perspektive für die Menschen schaffen“, sagte er. Nigeria sei ausgewählt worden, weil es eine sehr junge Bevölkerung habe und auch viele wirtschaftliche Chancen biete.
Weil die Kurse gefilmt werden, sei es „kein Problem“, die Lehrgänge auch auf andere afrikanische Staaten zu übertragen, sagte Spindelegger. Hoffnungen setzt man dabei unter anderem auf den Getränkekonzern Coca-Cola, der in allen 54 Staaten des Kontinents tätig ist. Die Coca-Cola-Managerin Melina Androutsopoulou zeigte sich „sehr beeindruckt“ von dem Projekt, weil es „äußerst umfassend“ sei und verschiedene Gesichtspunkte wirtschaftlicher Entwicklung miteinschließe. „Wir freuen uns darauf, ein Teil davon zu sein und zu schauen, wie wir es (auf andere Länder) übertragen können“, betonte sie.
Kurz bezeichnete es als „großartige Idee“, dass bei dem Projekt Bildung mit der Schaffung von Jobs verbunden werde. Der Kanzler erinnerte daran, dass er in seinen Gesprächen mit afrikanischen Politikern immer wieder Beschwerden gehört habe, dass es mehr wirtschaftliche Partnerschaft brauche statt einer Fokussierung auf Entwicklungshilfe, das Migrationsthema und Ratschläge an die afrikanischen Völker, „wie sie ihre Staaten führen sollen“.
Hahn hob hervor, dass sich das Pilotprojekt auf Klein- und Mittelbetriebe konzentriere. „Die Erfahrung zeigt, dass solche Start-Ups und Jungunternehmer die meisten Jobs schaffen“, sagte er. Die EU-Kommission hoffe, dass mit den in Nigeria gewonnenen Erfahrungen schon bald „Tausende“ von Menschen jährlich ausgebildet werden.
Mit an Bord ist auch das oberösterreichische Bäckerei-Unternehmen Backaldrin, das in einem Slum der kenianischen Hauptstadt Nairobi erfolgreich einen Standort aufgebaut hat und dort Einheimische zu Bäckern ausbildet.
„Das ist keine Charity, keine Donation, sondern ein Business Model“, betonte der Privatinvestor Andreas Gebauer, der sich am Aufbau der Ausbildungsstätte finanziell beteiligt. Der 800.000 Euro teure Bau soll im Februar starten, erläuterte er der APA. Er äußerte die Erwartung, dass sich das Projekt innerhalb von drei bis fünf Jahren selbst finanziere.
Vizerektor Christian Anieke von der Godfrey University sagte der APA, dass die ersten Ausbildungslehrgänge schon in einem Jahr starten werden. Als Tropfen auf den heißen Stein sieht er das Projekt keineswegs. „Rom wurde auch nicht in einem Jahr erbaut. Wichtig ist, dass man richtig beginnt“, zeigte sich Anieke vom Konzept überzeugt.