In Jungholz empfängt ein Baby Parteien von Amts wegen
Bürgermeisterin Karina Konrad wurde kürzlich Mutter und schaukelt die Amtsgeschäfte „bravourös“ – nicht selten gemeinsam mit der Tochter.
Von Helmut Mittermayr
Jungholz –So mancher Besucher des Gemeindeamtes Jungholz schaut kurz verdutzt, wenn eine Besprechung mit Karina Konrad gleich von zwei Frauen abgewickelt wird. Denn auch Stella Viktoria Konrad ist manchmal im Amt zugegen – im Kinderwagen im Bürgermeisterinnenbüro. Das Baby kam im Oktober zur Welt und wird zuweilen mit in die Gemeindestube genommen – den Amtsgeschäften schadet es keineswegs, dafür zaubert es den Besuchern ein Lächeln ins Gesicht.
Bürgermeisterin Karina und ihr Mann Jürgen Konrad freuen sich riesig, dass aus ihrer Zweisamkeit eine Kleinfamilie geworden ist. Beide sind Banker in Kaufbeuren. Er fährt weiterhin zur Arbeit ins Allgäu, die Dorfchefin nicht mehr. Den einen Job hat sie ruhend gestellt und ist für zwei Jahre in Karenz gegangen. Der andere, die Bürgermeisterberufung, ruht hingegen nicht, aber der Workflow hat sich entscheidend geändert. „Ich habe jetzt eine neue ,Chefin‘, die bestimmt, wann ich was zu tun habe“, lacht die Mama. Und noch zwei Frauen spielen seit Oktober für die Gemeinde Jungholz eine bedeutendere Rolle: einerseits die „Oma“, die Karina Konrad bei Terminen freispielt und auch spontan beim „Kindsen“ einspringt, sowie Gemeindeamtsleiterin Petra Mehringer. „Sie koordiniert alles wirklich super für mich“, ist Konrad um diese Unterstützung froh. Und Mehringer gibt das Kompliment umgehend zurück: „Die Bürgermeisterin managt die Amtsgeschäfte bravourös.“ Konrad arbeitet derzeit vermehrt am Laptop von zu Hause aus. Der Kontakt zu den Mitbürgern habe sich aber sogar intensiviert. „Wenn ich mit Stella Viktoria spazieren gehe, werde ich auf alle möglichen Themen angesprochen. Früher war ich durch meine Arbeit in Kaufbeuren nicht so viel unter den Leuten“, schildert Konrad die neue Nähe.
Stella Viktoria kam für eine Jungholzerin fast standesgemäß in der Klinik Immenstadt im Allgäu zur Welt, nicht im BKH Reutte wie der Rest der Außerferner. Mama hat schließlich in Deutschland gearbeitet, ist dort versichert – wie überhaupt Jungholz den stärksten Deutschlandbezug aller Orte Tirols haben dürfte. Sogar die Bevölkerung hat mehrheitlich die deutsche Staatsbürgerschaft. 60 % der 300 Einwohner sind EU-Ausländer, 40 % Tiroler. Dieser Anteil ist mit Stella Viktoria nun wieder um 0,33 % gestiegen.