Landtag steht ein heißer Juli beim Wohnen bevor
Die Landesregierung hat das Wohnpaket festgezurrt. Ein Großteil der enthaltenen Reformen soll noch vor der Sommerpause beschlossen sein.
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck – Mit Eigenlob wurde gestern nicht gespart. Da war von „Tabubrüchen“, der „größten Novelle seit 25 Jahren“ oder aber von einer Reform, die sich „sehen lassen kann“, die Rede. Wie angekündigt, legte die Landesregierung am Ende ihrer zweitägigen Klausur das versprochene Wohnpaket vor. Dieses soll, so der Plan, das Wohnen am Ende des Tages wieder leistbarer machen. Hierzu wurde ein ganzes Bündel an Maßnahmen geschnürt. Tangiert werden Raumordnung, Grundverkehr, Wohnbauförderung und Baurecht. Also eine Querschnittsmaterie, die ihresgleichen sucht.
Wie berichtet, zählen die Festlegung von Mindestanteilen an Vorbehaltsflächen für den objektgeförderten Wohnbau, die Einführung einer Zweitwohnsitzabgabe, die Befristung von Neuwidmungen, die Schaffung einer Widmungskategorie „Chaletdörfer“, ein Interessentenmodell im Baulandgrundverkehr sowie die Wiedereinführung der Selbstbewirtschaftung beim Kauf landwirtschaftlicher Flächen zu den Eckpfeilern der Wohnreform.
Man habe in Summe an 39 Schrauben gedreht, versuchte LH Günther Platter (VP) die Dimension dieser Reform zu verdeutlichen: „Wir kratzen also nicht nur an der Oberfläche, sondern gehen in die Tiefe.“ Die Auswirkungen auf die Gemeinden seien groß, bestätigte auch Raumordnungslandesrat Johannes Tratter (VP). Mit ihnen steht oder fällt das Paket. Denn obwohl die Landesregierung in einigen Punkten die Dorfchefs in die Pflicht nehmen will – Widerstand dürfte nicht ausbleiben. Auch wenn der Gemeindeverband mit im Boot sei, wie Platter gestern betonte. Beispielsweise wird erst noch zu definieren sein, welche Gemeinden oder Regionen das neue Interessentenmodell im Baulandgrundverkehr anzuwenden haben. Zuständig dafür ist LHStv. Josef Geisler (VP): „Flächendeckend und landesweit wird das nicht möglich sein.“ Vielmehr will die Regierung – mit Zahlen und Fakten untermauert – selbst festlegen, welche Gemeinde betroffen sein wird. In all diesen Gemeinden des Innsbrucker Großraums oder auch der Kitzbüheler Gegend dürften also massive Einschnitte in der Boden- und Widmungspolitik anstehen. Das könne auch so weit gehen, so Tratter, dass letztlich nur noch Tiroler in bestimmten Ortschaften – unter Maßgabe des eigenen Wohnbedarfs – Bauland erwerben könnten.
Und doch haben sich noch einige Wenn und Aber in das Wohnpaket eingeschlichen. Manches gelte es noch rechtlich zu prüfen. Deshalb wird es auch noch ein paar Monate dauern, bis dem Landtag die einzelnen Materien zur Beschlussfassung vorgelegt werden sollen. Was die Raumordnung betrifft, so dürfte dem Landtag hier ein heißer Juli bevorstehen. Bis zu dieser Sitzung sollen die gestern grundsätzlich beschlossenen Reformpunkte in Gesetzesform vorliegen und abgesegnet werden. Im Oktober soll dann der Grundverkehr abgearbeitet werden. LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) zeigte sich überzeugt, dass die Opposition da oder dort sicherlich mitgehen werde. Auch die Grünen sind von den ausgewählten Reformhebeln angetan: „Die Beschlüsse weisen sehr viel Fleisch auf.“ Und auch Platter hofft darauf, dass die Opposition in den kommenden Monaten in den Ausschüssen von der Sinnhaftigkeit des Wohnpakets überzeugt werden kann. Wohnbau-Landesrätin Beate Palfrader (VP) stimmt die eingeschlagene Richtung jedenfalls positiv: „Die Reform kann sich sehen lassen.“ Gefordert sei auch die Stadt Innsbruck. Das Land stelle 50 Mio. € für einen Studentencampus zur Verfügung. Was fehle, sei immer noch ein Grundstück.
Lediglich zur Randnotiz verkam gestern indes ein weiterer Klausurbeschluss: Die Regierung einigte sich auf das von Soziallandesrätin Gabriele Fischer (Grüne) vorgeschlagene „Impulspaket Soziales“. Dieses soll bis 2023 in Summe rund 65 Mio. Euro zusätzlich garantieren.
Lob und Tadel für Wohnreform
Arbeiterkammer: Als „guten Tag für die Arbeitnehmerfamilien und die AK“ bezeichnete gestern AK-Boss Erwin Zangerl das beschlossene Wohnpaket: „Die Regierung ist damit unserer Forderung nachgekommen, die Spekulation mit Wohnraum einzudämmen.“ Das Land gehe in die Offensive und setze wichtige Forderungen der AK um.
SPÖ: Der geschäftsführende Vorsitzende der SPÖ Tirol, Georg Dornauer, sowie Klubobfrau Elisabeth Blanik begrüßten die Koalitionsinitiative: „Es tut sich etwas. Wir sind dem Ziel leistbares Wohnen etwas näher gekommen.“ Jedoch sei es noch nicht genug. Man müsse zuerst die Effekte der einzelnen Maßnahmen beobachten.
Liste Fritz: Als „Schmalspur-Reform“ kritisierten Liste-Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider und LA Markus Sint das beschlossene Konvolut: „Was Schwarz-Grün großspurig als Reform ankündigt, entpuppt sich als unausgegoren, altbacken, zahnlos und mutlos.“
FPÖ: Kritisch nimmt auch FP-Landeschef Markus Abwerzger Stellung: „Eine Zweitwohnsitzabgabe ist nur ein Tropfen auf den sprichwörtlichen heißen Stein.“