Rechtsstreit um Esterhazy-Kulturgüter in Ungarn vor Urteil

Budapest/Eisenstadt (APA) - Als 1919 in Ungarn eine Räterepublik herrschte, wurden mehr als 260 Kunstobjekte aus der Esterhazy-Schatzkammer ...

Budapest/Eisenstadt (APA) - Als 1919 in Ungarn eine Räterepublik herrschte, wurden mehr als 260 Kunstobjekte aus der Esterhazy-Schatzkammer der Burg Forchtenstein im Burgenland abtransportiert. Ein Teil der damals ins Kunstgewerbemuseum in Budapest gebrachten Kulturgüter ist derzeit Gegenstand eines Rechtsstreits in erster Instanz, den die Esterhazy Gruppe angestrengt hat. Ein Urteil wird im ersten Quartal 2019 erwartet.

Obwohl es die Räterepublik schon nach wenigen Monaten nicht mehr gab, blieb der Kunstschatz in Budapest. Seitens der Esterhazy Gruppe beruft man sich darauf, dass die wertvollen Stücke dort als Deposit aufbewahrt werden. Eine dementsprechende Vereinbarung habe Fürst Paul V. Esterhazy 1923 mit dem Museum geschlossen. Darin habe der ungarische Staat in Gestalt des damaligen Kulturministers ausdrücklich die Sammlung Pauls V. Esterhazy als Eigentümerin der Objekte anerkannt, argumentiert das Unternehmen.

Die Ursachen für die laufende juristische Auseinandersetzung reichen bis ins Jahr 2013 zurück. Damals habe die ungarische Regierung angeordnet, alle in staatlichen Museen aufbewahrten Kunstobjekte auf ihre Herkunft zu überprüfen. Objekte, bei denen das Eigentumsrecht des Staates nicht eindeutig nachgewiesen werden könne, sollten dem rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben werden.

Eine Ende 2013 in Kraft getretene Verordnung regelte, dass hinsichtlich seiner Eigentümerstellung der ungarische Staat die Beweislast trage. Im selben Jahr begannen Gespräche der Esterhazy Gruppe mit dem ungarischen Staat betreffend die Kulturgüter der Forchtensteiner Schatzkammer. Nach Ansicht der Esterhazy Betriebe sei es dabei bis 2016 in keiner Phase zu „echten Verhandlungen“ gekommen. Stattdessen seien 70 der wichtigsten Objekte aus dem Bestand der Forchtensteiner Schatzkammer von Budapest ins Schloss Esterhazy nach Fertöd gebracht worden, wo sie in Zukunft ausgestellt und dauerhaft aufbewahrt werden sollten.

Damals habe es auch in der ungarischen Öffentlichkeit Diskussionen gegeben, heißt es von den Esterhazy Betrieben. Fachleute hätten sich „entsetzt“ darüber gezeigt, dass die historische Sammlung geteilt und an einem Ort aufbewahrt werden sollte, der nicht den Sicherheitsbestimmungen entsprochen habe.

Nach mehr als fünf Jahren fruchtloser Gespräche stellte die Esterhazy Gruppe einen Antrag auf Basis der Verordnung aus dem Jahr 2013. Kurz danach begann man auch ein zivilrechtliches Verfahren gegen den ungarischen Staat.

Der Antrag gemäß der Regierungsverordnung sei vom zuständigen Ministerium in einem formlosen Schreiben „ohne jede verständliche Begründung“ abgelehnt worden, hieß es von den Esterhazy Betrieben. Der Berufung, die man daraufhin beim zuständigen Verwaltungsgericht eingelegt habe, sei stattgegeben worden: Nun müsse das Ministerium in der Sache neu entscheiden und dies auch begründen.

Das Zivilverfahren betreffend die ins Schloss Esterhazy nach Fertöd gebrachten 70 Sammlungsstücke werde im Hinblick auf den Streitwert als Zivilprozess „von hoher Bedeutung“ vor dem Hauptstädtischen Gericht in Budapest geführt. In dem Verfahren wurde mehr als zehn Tage verhandelt.

Ein Urteil in erster Instanz werde noch im ersten Quartal 2019 erwartet, sagte eine Sprecherin der Esterhazy Gruppe der APA. Man habe dem ungarischen Staat angeboten, die wertvollen Sammlungsgegenstände weiter in Ungarn zu belassen. Allerdings erwarte man sich im Gegenzug „freien Zugang für Forschung und Wissenschaft“ sowie die Bereitschaft Ungarns, bei wichtigen Ausstellungen Teile der Sammlung mit jenen Stücken, die in Forchtenstein verblieben, zusammenzuführen.

In Ungarn werden die Kulturgüter aus der Forchtensteiner Schatzkammer als „Frakno-Schatz“ bezeichnet. Frakno war einst der ungarische Name für Forchtenstein, das als Teil des Burgenlandes bis 1921 zu Ungarn gehört hatte. In Medienberichten im Nachbarland ist von einem „Millionen-Prozess“ die Rede. Laut dem Internetportal „napi.hu“ würde der Wert der Sammlung aus dem 17. Jahrhundert 100 Millionen Euro ausmachen. Aus Sicht der Esterhazy Betriebe lasse sich der Wert jedoch nicht so einfach beziffern, hieß es dazu auf APA-Anfrage. Die Sammlung habe aber „natürlich einen bedeutenden historischen Wert“.