EU

Britischer Minister: „Verheerende“ Folgen ohne Brexit-Abkommen

Der britische Wirtschaftsminister Greg Clark (r.) und die Energieministerin Claire Perry.
© AFP

Die britische Regierung versucht Tage vor der Abstimmung noch einmal für den Deal mit der EU zu mobilisieren. Dass das Abkommen eine Mehrheit bekommt, gilt jedoch nach wie vor als unwahrscheinlich.

London – Wenige Tage vor der Abstimmung über den Brexit im britischen Parlament hat Wirtschaftsminister Greg Clark vor den „verheerenden“ Folgen eines Brexits ohne Austrittsabkommen gewarnt. Der konservative Minister appellierte an die Parlamentarier, „Differenzen beiseite zu lassen“ und für das von Premierministerin Theresa May ausgehandelte Austrittsabkommen mit der Europäischen Union zu stimmen.

Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour Party forderte unterdessen vorgezogene Neuwahlen.

Bei einem Brexit ohne Austrittsabkommen würde Großbritannien im Handelsverhältnis zu seinen engsten Partnern auf die „rudimentärsten“ Bedingungen zurückfallen, sagte Clark in der BBC. Großbritannien wäre dann gezwungen, Handel auf Grundlage der Vorschriften der Welthandelsorganisation (WTO) zu betreiben. Dies könne deutlich höhere Zölle für einige Produkte wie Autos bedeuten, warnte Clark. „Wir sollten uns so verhalten, wie es unserem internationalen Ruf entspricht – pragmatisch und verlässlich“, appellierte er an die Abgeordneten.

Ablehnung bei „Brexiteers“ und im Pro-EU-Lager

Der Austrittsvertrag stößt allerdings sowohl bei Brexit-Befürwortern als auch bei EU-Anhängern auf Ablehnung. Beobachter halten deshalb eine Ablehnung des Textes durch das Parlament für wahrscheinlich. In diesem Fall könnte Großbritannien am 29. März in einem harten Brexit, also ungeregelt aus der EU austreten.

Die Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Brexit veranlassten unterdessen den Autobauer Jaguar Land Rover dazu, die Streichung von 4500 Arbeitsplätzen weltweit anzukündigen.

Corbyn sprach sich in einer Rede im Unternehmen OE Electrics im nordenglischen Wakefield für Neuwahlen als Ausweg aus der Sackgasse aus. Sollte die Regierung ihr „sehr wichtiges“ Gesetz am Dienstag nicht durchbringen, müsse es zum frühest möglichen Zeitpunkt Wahlen geben, sagte er. Corbyn bekräftigte, dass seine Partei gegen die „schlechte Vereinbarung“ mit der EU stimmen werde. Neuwahlen seien nicht nur die „realistischste, sondern auch die demokratischste Option“.

Corbyn setzt auf besseres Abkommen unter Labour-Führung

In Wakefield hatten 66 Prozent der Wähler beim Volksentscheid im Juni 2016 für einen Brexit gestimmt. Corbyn sagte, die Sieger des Referendums könnten „für Großbritannien ein besseres Abkommen aushandeln“. Er ziehe Neuwahlen einem zweiten Volksentscheid vor, wie ihn viele Labour-Abgeordnete, auch Mary Creagh und Yvette Cooper aus Wakefield, wünschen. „Sämtliche Optionen“ blieben auf dem Tisch, aber Neuwahlen hätten Vorrang.

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Die „wahre Lösung“ liege darin, Großbritannien „im Interesse der überwältigenden Mehrheit umzugestalten“ - durch „Herausforderung der verfestigten Macht der privilegierten Elite“. So könnten die durch das Referendum ausgelösten „tiefen Spaltungen“ überwunden werden, sagte Corbyn.

Ein Sprecher Mays bestätigte unterdessen, dass die Premierministerin einer von Labour eingebrachten Änderung am Abstimmungstext zustimmen könne. Darin geht es um Rechte von Beschäftigten nach dem Brexit. Die Premierministerin setzt weiter darauf, von der EU weitere „Zusicherungen“ zu erhalten und damit das Blatt noch wenden zu können.

Am Mittwoch hatte May im Zusammenhang mit dem Brexit eine herbe Abstimmungsniederlage erlitten. Das Unterhaus stimmte dafür, dass die Regierung beim Scheitern des Vertragsentwurfs am Dienstag binnen drei Sitzungstagen ihre Pläne für das weitere Vorgehen offenlegen muss. (APA/AFP)

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