Bezirk Landeck

Bahnbrücke ringt Experten noch heute Respekt ab

Die Trisannabrücke bei Wiesberg zählt zu den kühnsten Eisenbahn-Bauwerken des 19. Jahrhunderts. Die 1884 eröffnete Brücke ringt Experten heute noch Respekt ab.
© Wenzel

Vor 135 Jahren eröffnet: Die Trisannabrücke gilt als „Europabrücke“ des 19. Jahrhunderts. Eisenbahn-Historiker erinnert in der Zeitschrift „Tirol“ an die technische Meisterleistung.

Von Helmut Wenzel

Tobadill, Kappl, Strengen –Zwei technische Meisterleistungen sorgten zu Ende des 19. Jahrhunderts für Staunen in der Donau-Monarchie: der Arlbergtunnel und die Trisannabrücke. Beide Projekte wurden beim Bau der Westbahnstrecke zwischen Landeck und Bludenz realisiert, beide sind 1884 eröffnet worden.

„Beim Bau der Arlbergbahn waren 11.000 Arbeiter beschäftigt. Bei der Trisannabrücke werkten 400 Personen rund um die Uhr“, weiß der Eisenbahn-Historiker Helmut Pawelka aus Kramsach. Der frühere ÖBB-Sprecher hat kürzlich in der Kultur- und Tourismuszeitschrift Tirol gemeinsam mit Angela Jursitzka einen Beitrag zur Geschichte der Brücke veröffentlicht, die als „Europabrücke des 19. Jahrhunderts“ gilt.

Der legendäre Baudirektor der Arlbergbahn, Julius Lott, hatte den Brückenbauexperten Ludwig Huss aus Wien mit dem Projekt beauftragt. Huss zeichnete 1882 die Pläne zur 87,4 Meter hohen und 231,6 Meter langen Brücke, die unweit von Schloss Wiesberg den schluchtartigen Taleingang des Paznaun quert. Wiesberg und ein Teil der Brücke liegen auf Gemeindegebiet von Tobadill. Westlich davon befindet sich laut Bürgermeister Martin Auer die Gemeindegrenze zu den Nachbardörfern Kappl und Strengen.

Die technische Herausforderung an die Konstruktion von Huss lag in der Tragfähigkeit, „die einem Güterzug mit vorgespannten Lokomotiven entsprechen musste“, wie Pawelka schildert. Das Gesamtgewicht der Eisenbrücke liegt bei 465 Tonnen, die einzelnen Teile wurden zusammengenietet. „Damit ist ihm eine der größten Balkenträgerbrücken Europas gelungen, 87 Meter über dem Tal“, resümiert der Historiker.

Begonnen haben die Bauarbeiten im November 1882. Zunächst stellte Huss ein Gerüst aus Holz nach amerikanischem „Trestle-works“-Vorbild auf. Nur so konnten die Brückenpfeiler gebaut werden – aus Bruchsteinen, verbunden mit Betonmörtel.

Bei den Arbeiten an den Pfeilern bemerkte man eine langsame, jedoch merkliche Neigung – bis zu 19 Zentimeter. Zudem entstanden Risse in den Gewölben, vermutlich durch überhastetes Mauern mit teils ungeeigneten Bruchsteinen. Die Verformungen und Risse machten eine ständige Überwachung nötig.

„Trotzdem war die Sicherheit nicht gefährdet“, resümiert Pawelka. Schließlich konnte am 21. September 1884 der Zugverkehr über die Brücke offiziell aufgenommen werden. Einen Tag davor ließ sich Kaiser Franz Joseph die feierliche Eröffnungsfahrt durch den Arlbergtunnel mit der Dampflokomotive nicht entgehen. Die Bevölkerung hingegen durfte dieses Vergnügen erst am 21. September erleben.

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1908 wurde das Tragwerk der Trisannabrücke unter Berücksichtigung schwerer Güterzüge nachberechnet. Es kam, was kommen musste: ein Wettbewerb zur Sanierung. Prof. Leopold Örley aus Wien wies in seinem Gutachten auf den „nicht tragfähigen Boden“ hin. 1911 bis 1916 wurden Hauptpfeiler und Gewölbe mit Zementmörtel-Injektionen stabilisiert. Das Bauwerk hielt – bis heute.

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