Essverbot in Wiener U-Bahn: Der Apfel muss in der Tasche bleiben
Aufgepasst in den öffentlichen Verkehrsmitteln: Ab nun gilt in allen Wiener U-Bahnen ein allgemeines Essverbot. Bei Verstößen gegen dieses soll allerdings nicht gestraft werden – vorerst.
Von Carmen Baumgartner-Pötz
Wien –Kaum jemand hat es bei Hungerattacken oder Stress zwischen Terminen noch nie gemacht: in der U-Bahn gegessen. Sei es ein schneller Apfel (geht sich zwischen drei Stationen locker aus, ohne Spuren zu hinterlassen) oder ein Kebap/Fleischkässemmerl (dauert länger, tropft vermutlich und verstinkt den Waggon). Beides gehört nun in Wien der Vergangenheit an: Das bisher nur in der Linie U6 geltende Essverbot für stark riechende Speisen gilt nun flächendeckend und ausnahmslos für alle Speisen.
Vergangenen Juli war die Aufregung groß, als die Wiener Linien eine große Plakatkampagne entlang der U6 starteten und Pizza, Nudelboxen und Co. den Kampf ansagten. Parallel dazu ließ die zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) auch noch Deodorants verteilen – nach dem Motto: Es stinkt gewaltig in dieser Stadt. Die Feuilleton- und Kommentarseiten gingen über mit Debattenbeiträgen über die Freiheit des Einzelnen und die Gefahren einer Kontroll- und Verbotsgesellschaft.
Eine erste Zwischenbilanz nach drei Monaten zeigte im Herbst: 61 Passagiere mussten auf das neue Verbot aufmerksam gemacht werden. Das ist bei 250.000 Fahrgästen auf der Linie U6 „ein verschwindend kleiner Anteil“, hieß es von den Wiener Linien. Aber: Müll und Essensreste seien in den Waggons spürbar weniger geworden. „Jeder Euro, der beim Reinigen eingespart wird, kann in modernere Züge oder Stationen investiert werden und kommt letzten Endes den Fahrgästen zugute“, betonte Wiener-Linien-Geschäftsführerin Alexandra Reinagl.
Essverbote in öffentlichen Verkehrsmitteln sind freilich nichts Ungewöhnliches: In den Fahrzeugen der Innsbrucker Verkehrsbetriebe (IVB) werden die Fahrgäste laut Beförderungsbedingungen ebenfalls ersucht, nicht zu trinken und zu essen. In Berlin muss man seit 2012 ebenfalls auf die Öffi-Esserei verzichten; im Februar 2016 kam es wegen eines uneinsichtigen Fahrgastes in einem Bus zur Eskalation: Die Polizei musste einen Mann mit Kebap, der einen Fahrer angegriffen hatte, wegtragen. Im asiatischen Stadtstaat Singapur, berüchtigt für drakonische Strafen und picobello sauber, würde es so weit wohl gar nicht kommen.
Geldstrafen bei einem Verstoß gegen das Essverbot will man in Wien allerdings nicht – vorerst. Man sei optimistisch, dass die Maßnahme auch ohne gut funktionieren wird, so die Wiener Linien. Über mögliche Straf-Pläne hat es vor nicht allzu langer Zeit Verwirrung gegeben.
Wie das generelle Verbot dann in der Praxis gehandhabt wird, könnte spannend werden. Derzeit versichern die Wiener Linien etwa, dass man (kleinen) Kindern keinesfalls ihre Kekse wegnehmen würde. Und am Bahnsteig darf ebenso weiter gejausnet werden.