AK und TGKK klagen gegen Fusion der Gebietskrankenkassen
Am Freitag fiel der endgültige Beschluss: Tiroler Arbeiterkammer und die Gebietskrankenkasse rufen den Verfassungsgerichtshof an.
Von Peter Nindler
Innsbruck – Die Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen zu einer Österreichischen Gesundheitskasse mit regionalen Außenstellen in den Ländern wird beim Verfassungsgerichtshof angefochten. Wie Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl (VP) und der Obmann der Tiroler Gebietskrankenkasse (TGKK), Werner Salzburger, gegenüber der TT bestätigen, wird in den nächsten Tagen im Auftrag der AK und der TGKK Klage beim Höchstgericht eingebracht. Zuletzt wurde noch ein Gutachten zur Zulässigkeit eines Individualantrags abgewartet.
Mehrere Inhalte der von der türkis-blauen Mehrheit im Nationalrat beschlossenen Sozialversicherungsreform werden angefochten. Gegen die Verschiebung der Beitragsprüfung zu den Finanzbehörden wird ebenfalls Beschwerde erhoben, wie auch gegen die Gleichstellung (Parität) zwischen Dienstgebern und -nehmern in den neuen Gremien der Gesundheitskasse. Hier werde die Selbstverwaltung ausgehöhlt, argumentieren Zangerl und Salzburger. Insgesamt befürchten sie, dass das öffentliche Gesundheitssystem ausgehungert werden soll und die Patienten die Draufzahler sein werden.
„Zerschlagung“ wird bekämpft
Nach Vorliegen eines Gutachtens klagen sie jetzt beim Verfassungsgerichtshof „gegen die Zerschlagung und Zentralisierung der Gebietskrankenkasse“, wie es heißt. Diesen Beschluss haben AK und TGKK jetzt gefasst. „In einem nächsten Schritt wird eine Kanzlei beauftragt, die im Auftrag von TGKK und AK Tirol Klage einbringen wird“, betonen der Tiroler Arbeiterkammerpräsident und Vizepräsident der Bundesarbeiterkammer, Erwin Zangerl, sowie der Obmann der Gebietskrankenkasse, Werner Salzburger.
Künftig wird es nur noch eine Österreichische Gesundheitskasse mit neun Regionalstellen geben. Für Zangerl geht es um die Zukunft „unseres Gesundheitssystems“, um eine funktionierende Versorgung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien. „Wir verlangen statt einer Kassenzentralisierung, die die Leistungen für die Versicherten verschlechtern wird, eine Gesundheitsreform mit einem bestmöglichen Leistungsniveau für alle Beschäftigten und ihre Familien.“ Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das Land am Laufen halten würden, hätten sich ein derart respektloses Verhalten nicht verdient, übt Zangerl massive Kritik an der türkis-blauen Bundesregierung.
Gravierende finanzielle Folgen
Aus dem neuen Gesetz ergeben sich für Zangerl und Salzburger gravierende finanzielle Folgen, die noch nicht abgewendet seien. Zum einen verliere die TGKK ihre Leistungssicherungsrücklage von 94 Mio. Euro. Andererseits würden Einnahmen wie beispielsweise Ersätze für Leistungsaufwendungen, Rezeptgebühren oder Kostenbeteiligungen wegfallen. „Damit verliert die Zusage, dass Beiträge ,im Land bleiben‘, fast völlig ihre Bedeutung, weil der Bevölkerung 178 Mio. Euro entzogen werden und sie zu Bittstellern in Wien degradiert wird“, betonen Zangerl und Salzburger. Für sie werden 20 % der Gelder nicht „regionalisiert“ und fehlen im Budget der Landesstelle.
Ein weiterer Knackpunkt ist für die Arbeitnehmervertreter die Gleichstellung in den künftigen Verwaltungsgremien. „Die Einführung der Parität zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern in der Österreichischen Gesundheitskasse und insbesondere den Landesstellen ist – wie zahlreiche Gutachten bestätigen – verfassungswidrig. Dienstgeber bringen lediglich 28,9 % an den gesamten Einnahmen und damit weit weniger als die Hälfte der Mittel auf.“ Schlussendlich sei diese Zentralisierung die größte Enteignung gegenüber der Arbeitnehmerschaft. „Diese Einheitslösung wird keine Rücksicht mehr auf regionale Unterschiede nehmen“, befürchtet AK-Präsident Zangerl abschließend.