TT-Interview

Bischof Elbs: „Ein Blick in die Bibel zeigt: Auch Jesus ist hochpolitisch“

Bischof Elbs würdigt die Arbeit der Caritas mit ihrer Schar an Ehrenamtlichen als "Grundwasser der Menschlichkeit und Solidarität".
© APA/Caritas

Caritas-Bischof Benno Elbs warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft und stellt sich schützend vor die Hilfsorganisation der katholischen Kirche.

Zuletzt wurde von namhaften Vertretern der Regierungspartei FPÖ die Caritas massiv angegriffen. Von „Asylindustrie“ und „Profitgier“ wurde gesprochen. Was sagen Sie als Caritas-Bischof zu diesen Angriffen?

Bischof Benno Elbs: Als Vorarlberger liebt man das offene Wort. Wichtig dabei sind aber, und davon bin ich überzeugt, der Respekt und die Wertschätzung. Tatsache ist, dass die Caritas als gemeinnützige Hilfsorganisation mit der Betreuung von flüchtenden Menschen keinen Cent verdient hat. Im Gegenteil, viele der vorgesehenen Leistungsentgelte des Staates, in dessen Auftrag die Caritas hier ja handelt, waren und sind bei Weitem nicht kostendeckend und es wurden seitens der Caritas weitere Mittel aus Spendengeldern zugeführt. Nicht zu vergessen sind die vielen tausend Ehrenamtlichen – österreichweit sind es rund 50.000, die im Rahmen der Caritas und durch ihr Engagement in der Caritas wunderbare Menschlichkeit gezeigt haben, die unbezahlbar ist.

Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) forderte indirekt Caritas-Präsident Michael Landau zu Mäßigung auf. Sind Sie überrascht, wie hier von Teilen der Regierungsseite die Caritas zum Feindbild gemacht wird?

Elbs: Ich glaube, wir sollten sehr aufpassen, dass wir keine Feindbilder produzieren. Spaltung ist Gift für eine Gesellschaft und für die Zukunft einer Gesellschaft. Empathie, so sagen alle Wissenschafter, wird darüber entscheiden, wie und in welchem Land wir leben werden.

Ein Vorwurf lautet immer wieder, dass die Caritas politisch agiert. Ist dies berechtigt oder anders formuliert: Muss die Caritas geradezu auch politisch sein?

Elbs: Wenn man in die Bibel schaut, ist das klar: Gott, auch Jesus, ist hochpolitisch. Aber er ist nicht parteipolitisch. Politisch im Sinne des Einsatzes für die Gemeinschaft ist, dass Jesus sich den Menschen zuwendet, die keine Stimme haben, dass er die Armen in die Mitte stellt, dass er darauf achtet, dass es einen Ausgleich gibt zwischen den Gütern der Menschen, dass auch jedem mit Nächstenliebe und Respekt begegnet wird. Das Evangelium ist die Verfassung der Kirche und die Caritas ist eine Hilfsorganisation der Kirche. Damit ist aber auch klar, dass die Caritas keine politische Partei sein kann und sein soll.

Wie wichtig ist für Sie die Arbeit der Caritas?

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Elbs: Die Arbeit der Caritas ist für mich ganz entscheidend. Ich denke hier besonders an die über 50.000 Ehrenamtlichen. Sie sind das Grundwasser der Menschlichkeit, der Nächstenliebe und der Solidarität und dieses Grundwasser brauchen wir alle, besonders dann, wenn wir einmal schwach werden, krank, alt, behindert. Das kann jede und jeden von einer Minute auf die andere betreffen.

Wie beurteilen Sie die Arbeit von Michael Landau?

Elbs: Michael Landau ist sehr kompetent und macht seine Arbeit meines Erachtens engagiert und gut. Ich bin ihm für seinen Einsatz sehr dankbar.

Von der Kürzung der Mindestsicherung bis zur Verschärfung in der Flüchtlingspolitik – wie beurteilen Sie die Sozialpolitik der Bundesregierung von ÖVP und FPÖ? Und welche Herausforderung sehen Sie hier für die künftige Caritas-Arbeit?

Elbs: Es ist nicht meine Aufgabe, die Politik der Bundesregierung zu beurteilen, das machen die Wählerinnen und die Wähler. Wichtig ist mir aber, dass die einzelnen Aufgaben in den Blick genommen werden. Die Politik muss sich, so glaube ich, daran messen lassen, inwieweit es gelingt, Menschen bei einem Leben in sozialer und kultureller Teilhabe zu unterstützen. Ich denke hier auch an das Thema der Stärkung der Familien. Ich denke daran, dass wir die Armen nicht aus den Augen verlieren, vor allem auch, dass es die älteren Menschen sind, die in der Pflege Hilfe brauchen. Ich denke auch an unser Sozialsystem und vieles mehr. Um mit Papst Franziskus zu sprechen, bin ich ein Verfechter des Mutes und der Kultur des offenen Wortes, solange der Dialog auf Respekt und Wertschätzung basiert. Das ist entscheidend.

Zum Schluss noch eine aktuelle innerkirchliche Frage: Sie sollen Salzburgs Erzbischof Lackner bei seiner Ermittlungsarbeit in der Diözese Gurk-Klagenfurt unterstützen. Was genau soll dabei Ihre Arbeit sein?

Elbs: Erzbischof Lackner hat mich gebeten, ihm beratend zur Seite zu stehen. Wenn ich ihn bei seinen Aufgaben als Visitator damit unterstützen kann, dann mache ich das gerne. Wie das genau aussieht, wird sich im Laufe des Weges zeigen und ergeben.

Das Gespräch führte Michael Sprenger

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