Rumänien: Ex-Premierminister Tudose tritt aus der PSD aus

Bukarest (APA) - In Rumänien ist der ehemalige Regierungschef Mihai Tudose am Montagabend aus Protest gegen die rechtsstaatlichen Entgleisun...

Bukarest (APA) - In Rumänien ist der ehemalige Regierungschef Mihai Tudose am Montagabend aus Protest gegen die rechtsstaatlichen Entgleisungen seiner Partei nach 27 Jahren Mitgliedschaft aus der PSD ausgetreten. Er habe „jede Hoffnung aufgegeben“, dass sich in der PSD noch etwas ändern könnte, ließ Tudose die rumänischen Genossen in einem offenen Brief wissen.

Sein Schritt sei als „ultimative Geste der Missbilligung“ gegenüber der aktuellen Parteileitung und ihres Führungsstils zu werten; es würde ihn freuen, wenn er damit alle PSD-Mitglieder „zum Nachdenken anregen“ und so eine „parteiinterne Besserung“ anstoßen könnte, schrieb der 51-Jährige, den die sozialdemokratische Partei unter der Leitung ihres vorbestraften Chefs Liviu Dragnea vor genau einem Jahr aus dem Amt des Premierministers gejagt hatte.

Tudose teilte des Weiteren mit, der Kleinpartei „Pro Romania“ des früheren Regierungs- und PSD-Chefs Victor Ponta beitreten zu wollen, da deren Werte die einer „demokratischen Linken“ und damit auch seine eigenen seien. Ponta selbst eröffnete am Montag, Tudose sei vor einem Jahr zum Rücktritt vom Amt des Premierministers gezwungen worden, weil er nicht willens gewesen war, „Dragneas dreckige Wirtschaftsspielchen“ mitzumachen.

Rumäniens wichtigste Regierungspartei wird zurzeit von einer wahren Austrittswelle erschüttert. Tudose ist nur einer von zahlreichen Spitzenpolitikern, die der PSD den Rücken kehren: Erst vergangene Woche hatte die EU-Kommissarin für Regionalpolitik, Corina Cretu, ihren Austritt aus der PSD bekanntgegeben. Sie respektiere die Partei nach wie vor, wolle jedoch „dezidiert“ auf Distanz zur aktuellen PSD-Führung gehen, die nichts anderes tue, als sie und ihre Kommissionskollegen tagtäglich zu verunglimpfen, sagte Cretu, die bei der Europawahl vom Mai nun ebenfalls auf der „Pro Romania“-Wahlliste antreten will. Davor waren bereits der frühere Verteidigungsminister Adrian Tutuianu, der ehemalige Generalsekretär der Partei, Marian Neacsu, der Europaabgeordnete Sorin Moisa u.v.a. aus der PSD ausgetreten.

Rumänien hat am 1. Jänner von Österreich zum ersten Mal den Vorsitz unter den EU-Staaten übernommen. In Brüssel gibt es erhebliche Zweifel, ob das Land, das in den vergangenen Jahren vor allem mit politischen Zerwürfnissen und umstrittenen Reformen auf sich aufmerksam machte, angesichts der anstehende Aufgaben - EU-Wahlen, Verhandlungen über den nächsten EU-Finanzrahmen, die Reform der EU-Asylpolitik sowie dem Brexit - dafür geeignet ist. Selbst EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bezweifelte die Einigkeit und den Vermittlungswillen der Führung in Bukarest.

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