“The Wife“: Leben im Schatten des Gatten
„The Wife“ glänzt mit feiner Schauspielarbeit, die filmischen Ambitionen sind gering. Glenn Close wird mit ihrer Rolle als Frau eines Nobelpreisträgers zur Oscar-Favoritin.
Innsbruck –Manche Filme sind dazu gemacht, Preise zu gewinnen. „The Wife“ ist ein Paradebeispiel: Nach einer Festivaltour 2017 spielte Hauptdarstellerin Glenn Close lieber erst 2018 im Preis-Rennen mit und ist nun die Favoritin auf ihren ersten Oscar als beste Hauptdarstellerin. Den Golden Globe hat sie schon bekommen. Das birgt durchaus eine gewisse Ironie, ist der deutsche Verleihtitel doch „Die Frau des Nobelpreisträgers“.
Close war seit ihren Rollen in „Fatal Attraction“ und „Dangerous Liaisons“ bis hin zu Cruella De Vil in „101 Dalmatiner“ jahrelang auf Rollen als psychopathischer Machtmensch abonniert. „The Wife“ bietet ihr nun wesentlich realistischeren Spielraum. Darin brilliert sie als Ehefrau Joan Castleman im Schatten ihres berühmten Schriftsteller-Ehemannes Joe.
Die Adaption des Romans von Meg Wolitzer (adaptiert von Jane Anderson) ist im Film auf die Tage rund um die Nobelpreisverleihung kondensiert, vom schon erwarteten Anruf im Bett bis zum Preis-Dinner in Stockholm.
Doch das äußere Verhältnis von Licht und Schatten zwischen dem alternden Ehepaar entspricht nicht dem wahren Verhältnis der beiden. Wie erst kürzlich im leichten französischen Schriftsteller-Drama „Mr & Mme Adelman – Die Poesie der Liebe“ von Nicolas Bedos & Doria Tillier tragen die beiden ein Geheimnis rund um die Autorschaft mit sich herum.
Als der exaltierte Philip-Roth-Verschnitt Joe Castleman die Nobel-Medaille in Händen hält, bekommt sein Ego ebenso Risse wie das seiner Frau. In kurzen, etwas hölzernen Rückblenden erfahren wir: Einst hat sie ihr eigenes schriftstellerisches Potenzial lieber in die Arbeit ihres Mannes investiert.
Ein lästiger Biograf (Christian Slater) bedrängt sie auszupacken. Ein Thema, das feministisch-aktuell daherkommt und die beste Basis für ein intensives Schauspieldrama bietet. Regisseur Björn L. Runge hat allerdings in seinem ersten englischsprachigen Film keine Ideen, was er filmisch mit der Geschichte und seinen Dialogszenen anstellen soll.
Somit ruht der Film ganz auf den Schultern von Glenn Close und ihres Partners Jonathan Pryce. Das verleiht ihrem nuancierten Spiel vielleicht sogar mehr Geltung, als es in einem besseren Film der Fall gewesen wäre.
Als offensichtlicher Vergleich bietet sich der meisterhafte Film „45 Years“ von Andrew Haigh an. Darin fechten Charlotte Rampling und Tom Courtenay in der Vorwoche ihres Jahrestagsfeier ähnlich vernarbte Ehe-Konflikte aus.
Hier oder bei seinem legendären Landsmann Ingmar Bergman hätte sich der Schwede Runge gut abschauen können, wie psychologische Konflikte visuell ausgestaltet werden können, ohne von den Schauspielenden abzulenken. Sein „The Wife“ lässt Glenn Close dagegen immer wieder im Regen stehen und geht wenig feinfühlig mit den emotionalen Bewegungen innerhalb und zwischen den Szenen um.
„The Wife“ liefert eine geradlinige Geschichte und verhilft der Frau des Nobelpreisträgers in Person von Glenn Close wohl zu einem goldenen Oscar. (maw)