Tirol

Prozess nach tödlicher Kuh-Attacke: Tiere waren bereits in Aufruhr

Im Sommer 2014 war eine langjährige Tirol-Urlauberin bei der Neustifter Pinnisalm mit ihrem Hund von einer Kuhherde getötet worden.
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Im Zivilprozess nach der tödlichen Kuh-Attacke auf eine 45-Jährige im Sommer 2014 sagte ein Gutachter nun aus, dass die Kühe durch einen vorherigen Vorfall bereits in Aufruhr gewesen seien. Der Landwirt und mehrere Zeugen beteuern, dass es Warnschilder gegeben hätte. Eine Zeugin, die ebenfalls von einer Attacke erzählt, habe keine derartigen Schilder gesehen. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

Von Reinhard Fellner

Innsbruck – Nach der tödlichen Kuhattacke auf eine deutsche Urlauberin 2014 im Pinnistal setzte sich das Verfahren rund um eine Hinterbliebenen-Schadenersatzklage über 360.000 Euro gestern am Landesgericht fort. In einem Musterverfahren zur Haltung von Mutterkühen kamen weitere Zeugen und ein Sachverständiger zu landwirtschaftlicher Tierhaltung zu Wort – einem Ablehnungsantrag der Hinterbliebenen war nicht entsprochen worden.

Zuerst widersprachen sich jedoch Zeugen diametral. So hatte der Landwirt stets auf die Warnbeschilderung am Weg hingewiesen. Ein Zeuge, der selbst am Unfalltag den Vorfall mitbekommen hatte, bestätigte das Vorhandensein derartiger Schilder. „Ich habe ein Schild mit der Aufschrift ‚Achtung Mutterkuhhaltung‘ gesehen, konnte aber damals nichts damit anfangen. Mir waren bis dahin Kühe vom Alpenurlaub nämlich nur als zahme und schöne Tiere bekannt.“ Auch sei ihm nicht bekannt gewesen, dass es problematisch sein kann, wenn Mutterkühe und Hunde aufeinandertreffen.

Darin dürfte auch die Ursache des Unglücks liegen. Eine italienische Familie soll die Herde nämlich zuvor durch unsachgemäßen Umgang mit ihren Hunden in größte Unruhe versetzt haben. Die Mutter und Zeugin wollte damals auch keinerlei Warnschilder wahrgenommen haben. Sie selbst sei kurz vor der Deutschen mit zwei Hunden gewesen. „Es hat sich uns dann ein Kalb genähert, das sich mit einem der Hunde beschnuppert hat. Kurz darauf seien dann Kühe angerannt gekommen, die „schon richtig auf Angriff waren“. „Eine Kuh hat mich auf die Hörner genommen, wobei ich zu Boden gestürzt bin und mein Rucksack an den Hörnern hängen blieb“, schilderte die Italienerin. Plötzlich sei die gesamte Herde von 20 Tieren um sie herum gewesen. „Mein Mann hat begonnen, laut zu schreien, wodurch die Kühe wieder weggelaufen sind.“

Dem landwirtschaftlichen Sachverständigen erschien die Beschilderung damals jedenfalls ausreichend und auch die Haltung artgerecht. Dazu sei der „Umgang und das fachliche Engagement des Landwirts gegenüber seinen Tieren als überdurchschnittlich zu bewerten“.

Dem Tiroler Grauvieh stellte er zudem „günstige Verhaltens­parameter gegenüber Menschen“ aus. Durch die Hunde der Italiener sei dieses aber aufgeschreckt gewesen. Der Gutachter: „Ohne diese Irritation wäre das Unglück wohl nicht passiert. Wenn sich ein Mensch mit einem Hund Kühen nähert, ist die Instinktprägung sofort auf den Hund gerichtet. Hier läuft dann ein genetisches Programm ab, das bei jedem Rind auf der ganzen Welt gleich ist.“ Dass Hunde bei Kühen Stress auslösen können, werde zudem mittlerweile bereits in Hundeschulen thematisiert. Generell mahnte der Sachverständige einen besonnenen Umgang mit Kühen ein: „Unkundige Fremde haben in ihrer Nähe – beispielsweise zum Streicheln – nichts verloren.“ Das Verfahren könnte heute enden, Urteil dann schriftlich.

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