Spanien

Kataloniens Separatisten erhöhen Druck auf spanische Regierung

Demonstranten mit einer Estelada, der katalanischen Unabhängigkeitsfahne.
© AFP

Im Vorfeld des Prozesses gegen mehrere Unabhängigkeitsführer drohen Separatistenparteien mit Blockade des spanischen Haushalts.

Von Manuel Meyer/APA

Madrid/Barcelona – Im Vorfeld des Verfahrens gegen mehrere Separatistenführer haben Kataloniens separatistische Linksrepublikaner (ERC) den Druck auf die spanische Zentralregierung von Pedro Sánchez (PSOE) erhöht. Am Montag kündigte ERC-Sprecherin Marta Vilalta an, ihre Partei werde den Haushaltsentwurf der Regierung nicht unterstützen.

Damit gerät die schwache Minderheitsregierung des Sozialisten ins Wanken. Bisher haben sich nur die baskischen Nationalisten (PNV) und die linkspopulistische Podemos bereit erklärt, Sánchez zu unterstützen. Dieser braucht allerdings auch die Stimmen der beiden katalanischen Separatistenparteien, da sowohl die Konservativen (PP) als auch die liberalen Ciudadanos den Entwurf ablehnen. Sánchez hatte bereits mehrmals angekündigt, wahrscheinlich noch in diesem Jahr Neuwahlen auszurufen, sollte er keinen Haushalt verabschieden können.

„Was wir wollten, war eine demokratische Lösung, die auf dem Recht auf Selbstbestimmung und dem Ende des repressiven und gerichtlichen Prozesses beruhte“, so Vilalta. Da die Regierung aber nicht reagierte, sehe man sich nicht in der Lage, den Haushaltsentwurf von Sánchez zu unterstützen. Auch die separatistische Wahl-Allianz JxCAT des nach Belgien geflüchteten ehemaligen Ministerpräsidenten Kataloniens, Carles Puigdemont, ließ am Montag durchblicken, der Entscheidung der Linksrepublikaner zu folgen.

Vilalta ließ jedoch eine Tür offen. Sollte es seitens der Regierung bis zum Prozessbeginn am 12. Februar ein Entgegenkommen geben, werde man die Position mit Blick auf den Haushalt überdenken. Konservative und Liberale warnten Sánchez bereits, auf den Erpressungsversuch der Separatisten einzugehen.

Sánchez‘ Möglichkeiten, den Prozess gegen die zwölf Separatistenführer zu beeinflussen, sind aber mehr als gering. „Wie in anderen Staaten der westlichen Welt herrscht auch in Spanien eine Gewaltenteilung. Sánchez hätte höchstens die Möglichkeit, die Verurteilten hinterher zu begnadigen, was allerdings höchst umstritten wäre“, erklärt Rechtsexperte Julio Banacloche von der Madrider Complutense-Universität im Gespräch mit der APA.

Ab Dienstag nächster Woche müssen sich mehrere Mitglieder der bereits vor über einem Jahr abgesetzten Regionalregierung Puigdemonts, Kataloniens ehemalige Parlamentspräsidentin Carmen Forcadell sowie die beiden Ex-Vorsitzenden der separatistischen Bürgerplattformen ANC und Omnium Cultural, vor dem Obersten Gerichtshof verantworten. Wegen der Planung und Durchführung des illegalen Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober 2017 wird ihnen vorgeworfen, sich der Rebellion, des Aufruhrs und der Veruntreuung öffentlicher Gelder schuldig gemacht zu haben. Ihnen drohen hohe Haftstrafen. Für den früheren Vizepräsidenten Kataloniens, Oriol Junqueras, fordert die Staatsanwaltschaft 25 Jahre Haft.

Junqueras und die anderen Separatistenführer sitzen bereits seit über einem Jahr in Untersuchungshaft. Andere Separatisten, wie der ehemalige Regierungschef Puigdemont, werden vorerst nicht angeklagt, da sie vor der Justiz ins Ausland geflohen sind und es Spanien bisher nicht gelang, ihre Auslieferung zu erwirken.

Der Prozess dürfte rund drei Monate dauern. Insgesamt 500 Zeugen sind geladen. Darunter auch Spaniens ehemaliger Regierungschef Mariano Rajoy, seine damalige Stellvertreterin Soraya Saenz de Santamaria, der amtierende baskische Ministerpräsident Inigo Urkullu, Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau sowie Kataloniens aktueller Parlamentspräsident Roger Torrent.

Die separatistische Regionalregierung von Puigdemonts Nachfolger Quim Torra hat bereits angekündigt, nur einen Freispruch der „politischen Häftlinge“ zu akzeptieren. Unterdessen blockieren Unabhängigkeitsbefürworter am Montag die Eingänge von rund 20 Gerichten in Katalonien mit Müll und Exkrementen, um gegen die „spanische Verfolger-Justiz“ zu protestieren, wie die „Komitees zur Verteidigung der Republik“ auf Twitter erklärten. (APA)

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