Industriepolitik

Siemens-Alstom-Fusion vor dem Aus, EU-Kommission dagegen

Der deutsche Siemens-Konzern und die französische Alstom-Gruppe bauen unter anderem Hochgeschwindigkeitszüge wie den ICE und den französischen TGV.
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Der deutsche Siemens-Konzern und die französische Alstom-Gruppe hatten vor über einem Jahr vereinbart, ihre Sparten für Eisenbahntechnik zusammenzulegen. Die EU-Kommission hat aber Sorgen um den Wettbewerb.

Brüssel, München, Paris – Der „Airbus der Schiene“, ein europäischer Großkonzern im Eisenbahnbau hervorgehend aus einer Fusion von Alstom und Siemens, steht auf der Kippe. Die EU-Kommission wird voraussichtlich am Mittwoch die geplante Fusion der Bahnsparten von Siemens und Alstom verbieten. Gegen Mittag wird eine entsprechende Stellungnahme der Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erwartet, wie die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag aus informierten Kreisen erfuhr.

Der deutsche Siemens-Konzern und die französische Alstom-Gruppe hatten vor über einem Jahr vereinbart, ihre Sparten für Eisenbahntechnik zusammenzulegen. Beide Unternehmen bauen unter anderem Regional- und Hochgeschwindigkeitszüge wie den ICE und den französischen TGV sowie Straßen- und U-Bahnen. Das Ergebnis der Fusion wäre ein Großkonzern mit geschätzt rund 15,6 Milliarden Euro Jahresumsatz.

Angst vor chinesischem Aufstieg

In Europa gibt es Angst vor dem wachsenden Einfluss aus China. Der dortige Konzern CRRC, der 2015 aus den zwei staatlichen Unternehmen CNR und CSR entstand, macht 26 Milliarden Euro Umsatz im Jahr - mehr als die drei westlichen Hersteller Bombardier, Siemens und Alstom zusammen.

Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ist aber offenkundig skeptisch. Mit jeweils rund acht Milliarden Euro Jahresumsatz in den Zugsparten sind Alstom und Siemens bereits mit Abstand die größten europäischen Eisenbahnbauer. Nur eine Handvoll anderer europäischer Unternehmen erreicht überhaupt eine Milliarde Euro Jahresumsatz, etwa der Schweizer Konzern Stadler (2,1 Milliarden Euro) und der spanische Hersteller CAF (1,9 Milliarden Euro).

Die Annäherung zwischen Siemens und Alstom wird in beiden Ländern von höchster Stelle unterstützt. Er hoffe darauf, dass Siemens das Projekt unter akzeptablen Bedingungen abschließen kann, sagte etwa der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Bosse glauben nicht an Genehmingung

Und auf französischer Seite wurde mit Kritik an der EU-Kommission nicht gespart: „Industrielle Entscheidungen im 21. Jahrhundert können nicht auf der Grundlage von Wettbewerbsregeln getroffen werden, die im 20. Jahrhundert festgelegt wurden“, sagte Altmaiers französischer Kollege Bruno Le Maire.

Sollte die EU-Kommission die Fusion verbieten, könnten Siemens und Alstom in diesem Fall vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg Klage erheben und Schadenersatz verlangen. Bis zu einer Entscheidung des Gerichts würden allerdings voraussichtlich mehrere Jahre vergehen. Allerdings haben Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge und Siemens-Boss vor kurzem bereits klar gemacht, dass er nicht mehr an eine Genehmigung der Fusion zum „Airbus der Schiene“ glauben. Dann würden Alstom und Siemens im Geschäft mit Zügen und Signaltechnik „wieder allein ihrer Wege gehen“. „Es wird keine zweite Chance geben“, so Poupart-Lafarge. (APA, dpa, TT)

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