Pkw-Maut in Deutschland: Platter fordert Transit-Freischuss
Nachdem der EuGH-Generalanwalt die deutschen Mautpläne gutheißt, fordert LH Platter sozusagen einen Freischuss in Sachen Transitbeschränkung. Europarechtler sind besorgt.
Innsbruck –Zuerst Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ), jetzt Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). So wie der Freiheitliche, der – gesetzt den Fall, dass der Europäische Gerichtshof der Empfehlung des Generalanwaltes folgt und die deutschen Mautpläne durchwinkt – auf ähnlichem Wege zurückschlagen will (Studiengebühren, Maut), sieht Platter eine Chance für Tirol gekommen. „Es zeigt uns, dass die EU bei den Grundfreiheiten flexibel sein kann und nichts in Stein gemeißelt ist.“
Nur allzu gern will Platter deshalb diesen Ball aufnehmen: „Denn wenn die Erhaltung der deutschen Autobahnen über den Gleichheitsgrundsatz gestellt wird, muss erst recht die Gesundheit der Tiroler Bevölkerung über den freien Warenverkehr gestellt werden.“ Er fordert deshalb, dass auch das Tiroler Maßnahmenpaket zur Reduktion der Lkw-Transitlawine durch das Inntal und über den Brenner von Seiten des EuGH ähnlich behandelt wird.
Wie berichtet, sind Verschärfungen beim sektoralen und Nacht-Fahrverbot ebenso wie ein Euroklassen-Verbot in Vorbereitung. Während in Tirol die Begutachtungsfrist der ausgearbeiteten Verordnungen bereits abgelaufen ist, wurde zwischenzeitlich für das sektorale Fahrverbot (Hereinnahme der Euro-VI-Lkw) auch schon das Notifikationsverfahren eingeleitet. Bis dato gab es aber von Seiten der EU-Kommission noch keine Rückmeldung, wie es aus dem Büro von LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) heißt. „Ich erwarte mir, dass die Tiroler Maßnahmen vor allen europäischen Instanzen halten und von der deutschen Politik akzeptiert werden“, sagt Platter.
Mit Sorge betrachtet der grüne Verkehrssprecher im Landtag, Michael Mingler, sowohl die Empfehlung des Generalanwalts, die deutschen Pkw als EU-konform zu empfehlen, als auch die wenig überraschenden Reaktionen. Die Pläne der Deutschen seien nichts weiter als eine versteckte Diskriminierung von ausländischen Fahrern. „Wenn das beim EuGH durchgeht, wäre das das Ende einer gemeinsamen EU-Verkehrspolitik und eine massive Gefahr für ein gemeinsames Europa“, warnt er. Zudem fürchtet er die Mehrbelastung für die Unterländer durch den Ausweichverkehr im deutschen Eck. Da ließen gestern die Nationalräte Josef Lettenbichler (VP) und Carmen Schimanek (FPÖ) aufhorchen. Sie können sich die temporäre Sperre von Autobahnabfahrten in Fahrtrichtung Deutschland vorstellen, um Ausweichverkehr zu verhindern. Regelmäßig kommt es vor der Grenze bei Kufstein zu kilometerlangen Staus aufgrund der deutschen Grenzkontrollen. Zudem kündigen beide einen Verkehrsgipfel in Tirol zwischen Bund, Ländern und Gemeinden für den Frühsommer an. Mingler sieht den Ausweg hingegen in einem einheitlichen europäischen Mautregime. Die Auswirkungen für die heimischen Pendler könne man mit einer Reform der Pau- schale kompensieren, sagt er.
Nach Walter Obwexer haben gestern auch EU-Rechtsexperten der Unis Linz und Salzburg Bedenken geäußert. Sollte der EuGH der Empfehlung folgen, wären „jeder Diskriminierung über Steuern Tür und Tor geöffnet“. Dies hätte dramatische Folgen für die Grundfesten des EU-Rechts, denn „das Diskriminierungsverbot ist der rote Faden darin“. (mami, sta)