Elfmeter: Beczala gab umjubeltes Tosca-Debüt an der Staatsoper

Wien (APA) - Piotr Beczala überlässt nichts dem Zufall, wenn er sich eine neue Partie vornimmt: In einer mehr als 600 Mal gespielten Inszeni...

Wien (APA) - Piotr Beczala überlässt nichts dem Zufall, wenn er sich eine neue Partie vornimmt: In einer mehr als 600 Mal gespielten Inszenierung, mit einer der heute erfolgreichsten Tosca-Darstellerinnen als Partnerin, vor einem Publikum, das ihm längst sein Herz geschenkt hat: Das Debüt des polnischen Startenors als Cavaradossi geriet gestern, Donnerstag, an der Wiener Staatsoper zum Elfmeter.

Dass der 52-Jährige, schon lange ein Fixstern am Liebestenor-Himmel, die Puccini-Oper bisher nicht im Repertoire hatte, ist seinem strengen Stimmregime geschuldet, das ihm nur mit größter Sorgfalt erlaubt, neues Territorium zu erkunden. Zu dieser Sorgfalt gehört auch: keine Experimente, was Regie und Rollenführung anbelangt. Die vielgeliebte, vielgespielte - gestern zum 606. Mal - Staatsopern-“Tosca“ von Margarethe Wallmann aus dem Jahr 1958 hat schon viele große Tenöre auf sicheren Pfaden durch das Drama um Landesverrat, Eifersucht, Folter und #metoo bis zur Jubelarie „E lucevan le stelle“ gebracht.

Beczala singt die Nummer mit stabiler, hingebungsvoller Wärme, die auch in den verzweifelten Höhen des Lebensabschieds nicht Boden- und Körperhaftung verliert und Pathos sparsam dosiert. Sicher überstrahlend - und den ersten Szenenapplaus schon nach wenigen Minuten kassierend - gestaltet er aber nicht nur den finalen Schuss ins Arientor, sondern die gesamte Partie. Ihm zur Seite steht mit Sondra Radvanovsky eine sehr erfahrene Tosca, auch wenn es ihre erste im Haus am Ring war. Die US-Sopranistin bewältigt die Partie routiniert und nuanciert, wenn auch ihre Farben an den Rändern mitunter schwammig werden. Zugleich entwickelt das tragische Liebespaar trotz beachtlicher Einzelleistungen überraschend wenig gemeinsame Chemie und bleibt darstellerisch weit hinter seinen Möglichkeiten.

Dasselbe gilt für Thomas Hampson, der als Scarpia schlicht nicht fies genug ist. Sein unerschütterlicher Habitus als ewiger Gentleman mit nobler Stimmführung will beim skrupellosen Polizeichef so gar kein blitzböses Knistern aufkommen lassen, was den zweiten Akt als Katz- und Maus-Spiel mit Tosca zu einer überraschend stoischen Angelegenheit macht. Immerhin funktioniert mit dem Fortschreiten des Abends die Balance aus Bühne und Graben zunehmend besser: Wenn Beczala sein Rollendebüt auch gründlich vorbereitet hat, so konnte er kaum voraussehen, dass sich Marco Armiliato einem hemdsärmeligen Muskel-Puccini verpflichtet fühlen und im ersten Akt reichlich sinnbefreit über die Sänger bügeln würde. Doch als am Ende die - roten - Sterne über der Engelsburg leuchten und alle Toten vor dem warmen Samt des Vorhangs wiederauferstanden sind, ist alles verziehen. Lange Standing Ovations.

(S E R V I C E - „Tosca“ von Giacomo Puccini. Dirigent: Marco Armiliato, Regie: Margarethe Wallmann; mit Sondra Radvanovsky, Piotr Beczala, Thomas Hampson. Weietere Termine am 10., 14. und 17. Februar. Wiener Staatsoper. www.wiener-staatsoper.at)