Betrug mit Schiffscontainern: Anklage gegen Chef aus Tirol
Ein mutmaßlicher Milliardenbetrug mit Schiffscontainern zieht von Deutschland aus seine Spur bis ins Unterland. Schlüsselfigur ist der in Tirol wohnhafte Firmenchef, er sitzt in U-Haft.
München –Es geht um den möglicherweise größten Betrugsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Staatsanwaltschaft München hat gegen den Gründer der in Deutschland ansässigen Firma P&R Anklage erhoben. Dem Firmenchef werden 414 Fälle von gewerbsmäßigem Betrug mit einem Schaden von knapp 18 Mio. Euro vorgeworfen, wie der Leitende Oberstaatsanwalt Hans Kornprobst sagte. Dabei sei nur ein kleiner Teil der „gigantisch großen Anlagesumme“ von 3,5 Mrd. Euro berücksichtigt. Insgesamt sind 54.000 Anleger betroffen. Gegen drei weitere Beschuldigte seien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Der Firmengründer sitzt in U-Haft.
Die Spur des mutmaßlichen Skandals zieht sich bis ins Tiroler Unterland. Schlüsselfigur ist Firmengründer Heinz R., ein gebürtiger Österreicher, der laut Zentralem Melderegister seinen Hauptwohnsitz im Bezirk Kitzbühel hat, wo er seit Mitte der 90er-Jahre ein Haus besitzt. Laut deutschen Medien soll er vor Kurzem seinen Wohnsitz nach Deutschland verlegt haben.
Dem Manager wird vorgeworfen, Schiffscontainer als Kapitalanlage an Privatanleger verkauft zu haben. Er und seine mutmaßlichen Komplizen verkauften demnach den ahnungslosen Kunden insgesamt 1,6 Millionen Container. P&R vermietete die Container dann in deren Auftrag an Frachtunternehmen, damit sollte die Rendite finanziert werden. Das Ganze soll aber eine Milliarden-Luftnummer gewesen sein: „Es hätten 1,6 Millionen Container vorhanden sein sollen“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Hans Kornprobst: „Tatsächlich vorhanden sind etwas über 617.000.“
Nach der Pleite von P&R im vergangenen März hatten mehrere Gläubiger aus Deutschland gerichtlich erwirkt, dass sein Haus in Tirol an sie verpfändet wird – insgesamt lasten auf dem Haus nun Pfandrechte zugunsten dieser Gläubiger über rund 1,4 Millionen Euro. Aus dem so genannten „Arrestbefehl“ – damit wird die Immobilie vorläufig für die Gläubiger gesichert – des Landgerichts München geht hervor, dass sich das Geschäftsmodell des P&R-Konzerns seit 2007 zu einem Schneeballsystem entwickelt haben soll und der Bestand an tatsächlich vorhandenen Containern zunehmend hinter der Zahl der an Anleger verkauften Container zurückgestanden sei. Dass das Haus im Unterland per Gerichtsbeschluss gepfändet wurde, habe auch damit zu tun, dass der Firmeneigentümer sein Haus nahe München zuvor bereits übertragen und in Sicherheit gebracht haben soll.
Betroffen von dem in Deutschland untersuchten Milliardenbetrug mit Schiffscontainern sind auch mehr als 500 Anleger in Österreich. Diese hatten zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags aktive Verträge mit den deutschen P&R-Gesellschaften, teilte der Sprecher des deutschen Insolvenzverwalters mit.
Die Plattform Cobin Claims vertritt in einem Musterprozess einen Anleger aus Österreich, der von einem steirischen Vermittler des Investments Schadenersatz fordert. Laut Oliver Jaindl, Obmann der nicht gewinnorientierten Plattform für juristische Sammelklagen Cobin Claims, dürften viele der Anleger schon älter sein und das Investment für ihre Altersvorsorge geplant haben. (mas, APA, dpa)