Jansrud gewinnt vor Svindal WM-Abfahrt, Bronze für Kriechmayr
Der Norweger Kjetil Jansrud setzte sich hauchdünn vor seinem Landsmann Aksel Lund Svindal durch, der sein letztes Rennen bestritt. Vincent Kriechmayr eroberte seine zweite Medaille.
Aare - Die Abfahrt bei der Ski-WM in Schweden ist zur Beute der großen zwei Norweger geworden. Bei brutal schwierigen Verhältnissen mit heftigem Schneefall in Aare gewann Kjetil Jansrud am Samstag seinen ersten WM-Titel vor Aksel Lund Svindal, der in seinem letzten Rennen somit mit Silber belohnt wurde. Hinter dem Duo holte Vincent Kriechmayr seine zweite Medaille bei dieser WM nach Super-G-Silber.
"Das Ziel war eine Medaille, jetzt habe ich schon zwei", freute sich Kriechmayr über die zugleich zweite Medaille für Österreich in Aare. "Es war wirklich ein verrücktes Rennen, aber ich bin mit meiner Leistung sehr zufrieden. Dass es dann zu einer Medaille reicht, umso schöner." Seine Fahrt sei "super" gewesen, "eine meiner besten Fahrten da herunter", meinte der Oberösterreicher, dem 0,33 Sekunden auf Gold fehlten. "Es war sehr einfach zu fahren, weil das Tempo sehr gering war, ganz ungewohnt da. Da hat man nicht versuchen müssen, bei jedem Meter Tempo zu machen."
Gerade einmal zwei Hundertstelsekunden Vorsprung auf seinen guten Freund Svindal genügten Jansrud vor zahlreichen norwegischen Fans. Zwei WM-Silbermedaillen (Kombination 2015, Super-G 2017) hatte der 33-Jährige schon zu Hause. Die Abfahrt bezwang er mit einer lädierten Hand, bei einem Trainingssturz in Kitzbühel hatte er sich vor zweieinhalb Wochen zwei Mittelhandknochen gebrochen.
Für Jansrud eine "Ehre"
"Wenig Worte. Es ist fast unglaublich, unfassbar", stammelte Jansrud. "Ich bin echt zufrieden, meine Resultate waren in der Saison bis jetzt sehr schwierig, aber man gibt den Glauben nicht auf und kämpft weiter. Nach dem, was in Kitzbühel passiert ist, musste ich noch härter kämpfen", fügte er hinzu. Svindal mit diesem Ergebnis in die Pension zu verabschieden, sei "eine Ehre. Das gibt es nicht oft, dass Leute mit so einem Resultat aufhören können. Der Doppelsieg ist fast unglaublich, wir werden ihn richtig vermissen".
Svindal ist nun der dritte Ski-Rennläufer neben seinem Landsmann Kjetil Andre Aamodt und dem für Luxemburg startenden Österreicher Marc Girardelli, der eine Medaille bei sechs Weltmeisterschaften geholt hat. Insgesamt war es seine neunte Medaille. "Perfekt. Voriges Jahr war ich knapp vor Kjetil bei Olympia, jetzt haben wir es getauscht", sagte der 36-Jährige. "Ich habe fast keine andere Farben im Ziel gesehen außer die von Norwegen. Das war mir auch wichtig am Ende, eine gute Show anzubieten."
"Guten Wachsler für Tiefschnee"
Matthias Mayer ging als Fünfter leer aus. "Es hat keiner gedacht, dass das heute was wird. Das war eigentlich sehr überraschend für alle", meinte der Doppel-Olympiasieger. "Ich habe eine ganz gute Fahrt gehabt. Die Norweger haben sicherlich für den Tiefschnee einfach einen gewaltigen Wachsler gehabt."
Otmar Striedinger stürzte nach dem Zielsprung, blieb aber unverletzt. "Gott sei Dank haben wir so viel Tiefschnee gehabt, sonst hätte es mehr wehgetan", erklärte der Kärntner, der über die Ziellinie rutschend den 31. Platz erreichte. "Das Problem war, dass man die blauen Linien nicht gesehen hat, weil es draufgeschneit hat."
Hannes Reichelt, der mit Nummer eins erst als 45. starten durfte, weil er die Nummernvergabe am Vortag geschwänzt hatte, kostete ein Verschneider samt Ausflug in den tiefen Schnee nach der ersten Zeitnehmung ein besseres Resultat. Der Salzburger musste sich in seinem vielleicht letzten WM-Rennen mit Platz 29 begnügen. Der bisher letzte österreichische Abfahrts-Champion bleibt somit Michael Walchhofer, der 2003 in St. Moritz triumphierte.
Reichelt-Poker ging fast auf
"Da war ich eine Spur zu ungeduldig und habe den Schwung zu früh angezogen und habe zu wenig Richtung gehabt. Dann hat es mich da draußen brutalst hergestoppt", erklärte Reichelt. Sein "Trick" mit dem späten Start sei "definitiv die richtige Entscheidung" gewesen. "Ein Zeichen, das solche Sachen bei einer WM auch überdacht gehören, aber das war nicht meine Absicht."
Auch zwei Favoriten hatten nichts zu lachen. Der Schweizer Beat Feuz, der Führende im Abfahrts-Weltcup, wurde undankbarer Vierter, Super-G-Weltmeister Dominik Paris reihte sich als Sechster ein. Die Abfahrt war wegen Schlechtwetters mehrmals verschoben worden und schließlich um 13.30 Uhr trotz nicht sichtbar besseren Wetters auf verkürzter Strecke durchgepeitscht worden. Während des Rennens ließ der Schneefall nach und die Sicht wurde besser.
"Es ist nicht wirklich WM-würdig", meinte Feuz im Schweizer Fernsehen. "Schneefall ist gekommen, Nebel ist gekommen. Für mich ist es nicht ganz nachvollziehbar, aber ich bin nicht der, der das entscheidet." Striedinger stimmte zu: "Ich habe mir gedacht, die pflanzen uns, das ist jetzt ein Scherz. Anscheinend war es keiner." Paris fand es schade, "wenn man Rennen startet, wenn es nicht für jeden gleich ist". Auch der Schweizer Speed-Trainer Andreas Evers stufte die Bedingungen als "einer WM nicht würdig" ein. (APA)
Reaktionen zur WM-Abfahrt:
Kjetil Jansrud (NOR/Gold): "Ein Doppelsieg, das ist fast unglaublich. Ich bin echt zufrieden, meine Resultate waren in der Saison bis jetzt sehr schwierig, aber man kämpft sich durch." Zu Svindal: "Es ist eine Ehre. Das gibt es nicht oft, dass Leute mit so einem Resultat aufhören können. Wir werden ihn richtig vermissen."
Aksel Lund Svindal (NOR/Silber): "Ich bin ins Ziel hineingefahren und war zwei Hundertstel hinten. Bei Olympia war es genau umgekehrt, das ist natürlich perfekt. Ich habe eine gute Show im letzten Rennen anbieten können, und das war mir das eigentlich Wichtigste. Ich habe so viele Leute getroffen, die hier sind. Die Stimmung, als ich ins Ziel gekommen bin, war unglaublich, zuletzt habe ich das bei der WM in Schladming so gespürt. Gut, dass wir hier so ein gutes Flutlicht haben, es ist sicher am Limit. Ich glaube nicht, dass es sehr unfair war. Es war sicher am Limit. Überhaupt nicht zu fahren, wäre auch schade gewesen."
Vincent Kriechmayr (AUT/Bronze): "Ich freue mich irrsinnig. Es war ein verrücktes Rennen, aber ich bin jetzt schon sehr froh, dass es so ausgegangen ist. Es war ja nicht schwierig, die Verhältnisse waren auch nicht schwierig, man hat versuchen müssen, eine enge Linie zu fahren. Ich bin echt gut gefahren. Natürlich war ich nervös (bei Reichelt-Zwischenzeit). Er hat es noch einmal spannend gemacht, schade, dass er den Fehler gemacht hat." Zu seiner Aare-Bilanz: "Es gibt ja noch was über Silber, aber ich habe heute das Maximum rausgeholt, mehr war nicht drinnen."
Matthias Mayer (AUT/5.): "Es liegt sehr viel Schnee. Man sucht die Spur und schiebt ständig den Schnee raus. Ganz vorne (im Starterfeld) war es sicher nicht optimal. Es hat keiner mehr damit (mit dem Start) gerechnet, weil es von oben bis unten geschneit hat. Es waren aber bei allen die gleichen Bedingungen."
Hannes Reichelt (AUT/29.): "Ich habe gesehen, dass die meisten bei der Passage, die lange Kurve rechts eng reinfahren, da war ich eine Spur zu ungeduldig und habe den Schwung zu früh angezogen und habe zu wenig Richtung gehabt. Dann hat es mich da draußen brutalst hergestoppt. Zum "Trick" mit der Startnummernwahl: "Das war definitiv die richtige Entscheidung. Einige Mitstreiter haben gesagt: ,Hannes cooler Schachzug.' Es ist ein Zeichen, dass solche Sachen bei einer WM auch überdacht gehören, aber das war nicht meine Absicht." Angst vor Abbruch und Wertung des Rennens nach ersten 30: "Diese Angst habe ich gehabt, das kann man nicht beeinflussen. Ich hätte sicher geschimpft, aber wenn die Sicherheit nicht gewährleistet gewesen wäre, hätte ich mich halt verpokert. Es ist jetzt auch daneben gegangen, aber es hat bis zur ersten Zwischenzeit gut ausgeschaut."
Otmar Striedinger (AUT/gestürzt/31.): "Geht schon, ich bin ein bisserl auf die Hüfte geflogen, aber es ist alles in Ordnung so weit. Generell war es ..., in meinen Augen ist das Rennen eine Frechheit. Ich habe die blauen Linien nicht gesehen, wo der Sprung weggegangen ist. Der Absprung ist früher weggegangen als ich gedacht habe. Wenn das Wetter schöner gewesen wäre, ... Wir haben ja öfter Verschiebungen, aber als wir an den Start gegangen sind, hab ich gedacht, das ist jetzt ein Scherz."
Beat Feuz (SUI/4.): "So wie das Rennen gestartet wurde, war es nicht fair. Es hat geschneit, es war neblig."
Dominik Paris (ITA/6.): "Das war kein faires Rennen."
Ticker zur WM-Abfahrt der Herren: