Wohnprojekt in Starkenbach: Neustart für Skorpionsiedlung
Die Gemeinde Schönwies kämpft weiter um das soziale Wohnprojekt in Starkenbach. Bisher standen der Naturschutz und der geschützte Alpenskorpion im Weg.
Von Matthias Reichle
Schönwies – Er ist nicht größer als 30 Millimeter, hat einen Stachel und ist in etwa so giftig wie eine Biene: In Schönwies hat ein kleiner Skorpion bisher den Bau von zwei Wohnblöcken verhindert – der so genannte Euscorpius Germanus oder Alpenskorpion, ein seltener heimischer Vertreter jener Tierart, die sonst eher in heißen Wüstenregionen vorkommt.
Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz des naturschutzrechtlichen Verfahrens hatte die Gemeinde wegen des Tierchens verloren – zuletzt wurde es am Landesverwaltungsgericht verhandelt. Geplant waren insgesamt 14 gemeinnützige Wohnungen in den Bichlifeldern im Ortsteil Starkenbach – wo sich auch ein Lebensraum des geschützten Skorpions befindet. Die Behörde sah den Bestand gefährdet. Mit Folgen: Der Naturschutz-Bescheid war negativ, ein öffentliches Interesse am Vorhaben, das von der Lokalpolitik forciert und von der Neuen Heimat Tirol umgesetzt werden sollte, konnte die Gemeinde laut Gericht nicht nachweisen.
Nun gibt es aber einen neuen Anlauf, um das Projekt umzusetzen – damit ließ Bürgermeister Willi Fink bei der Gemeinderatssitzung aufhorchen: „Das Projekt Skorpionsiedlung ist nach wie vor anhängig. Wir haben es neu eingereicht, es liegt in Innsbruck“, erklärte der Dorfchef.
Er will nicht aufgeben. Der Bedarf für das Projekt sei gegeben – „die Jungen hauen uns ab“, betonte er, es würden die Angebote für sozialen Wohnbau fehlen. Die Neue Heimat hätte hier schon Vorleistungen erbracht. „Momentan scheitert es am Naturschutz.“
Laut NHT-Geschäftsführer Hannes Gschwentner hat der Wohnbauträger bereits 20.000 Euro in den Standort Starkenbach investiert. „Themen wie Lawinengefahr und Naturschutz haben viele detaillierte Planungen erfordert“ – er finde es schade, dass bisher noch kein Projekt umgesetzt werden könne. „Ich will nicht weinerlich klingen, aber wir sind mit ganzem Herzblut dabei.“
Die genaue Vorgehensweise erklärt der Raumplaner der Gemeinde, Klaus Spielmann: Nachdem das Projekt im naturschutzrechtlichen Verfahren abgelehnt worden war, geht die Gemeinde das Projekt neu an. Sie hat für das Grundstück eine Änderung des örtlichen Raumordnungskonzepts beschlossen. Die Abteilung Raumordnung als zuständige Aufsichtsbehörde beim Land hat daraufhin wegen der Vorgeschichte des Projekts eine Strategische Umweltprüfung (SUP) angeordnet, so Spielmann – keine Umweltverträglichkeitsprüfung, wie vom Bürgermeister bei der Sitzung behauptet.
Die SUP kommt zum Einsatz, wenn Pläne voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Ein Naturschutzverfahren ersetzt das Projekt allerdings nicht. Als nächsten Schritt erstellte die Gemeinde einen Umweltbericht. Dafür wurden neue Gutachten zur Pflanzenwelt eingeholt, so Spielmann. Der Bericht wird vom Gemeinderat beschlossen, liegt zur Stellungnahme auf und muss dann zum Land, wo mittels der SUP entschieden wird, ob das Projekt genehmigungsfähig ist oder die Umweltauswirkungen zu erheblich sind.
Inzwischen hat die Gemeinde allerdings auch eine Ersatzfläche für die Neue Heimat gefunden. Parallel wird ein Wohnprojekt am so genannten Konradeareal in Dorfnähe gestartet – der Gemeinderat gab der NHT dazu in einem Grundsatzbeschluss grünes Licht.
Keine Probleme dürfte es an diesem Standort sowohl mit dem Skorpion als auch mit Naturgefahren geben. Die Neue Heimat Tirol will nun mit den Planungen beginnen. Es sollen rund 29 Wohneinheiten entstehen. Der Beschluss fiel allerdings nicht einstimmig aus. Eine Diskussion gab es über die Vergabe an die Neue Heimat Tirol. „Die Gemeinde hat genau das Doppelte für das Grundstück gezahlt wie die Neue Heimat“, kritisierte Hanspeter Hamerl, den Preis, über den die NHT aufgrund ihrer Richtlinien nicht hinaus kann. Er forderte, andere Angebote einzuholen, und stimmte gegen die Vergabe. Man würde künftig beides brauchen – das Projekt am Konradareal als auch jenes umstrittene in Starkenbach, betonte der Bürgermeister. Der Bedarf sei da.