Energiepolitik

SPÖ sagt Nein zum Ökostromgesetz, harsche Kritik von ÖVP und FPÖ

Auch über die Strommenge, um die es geht, argumentierten die Bundesräte mit Vergnügen aneinander vorbei.
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Erstmals wurde ein im Nationalrat beschlossenes Gesetz vom Bundesrat verhindert. Die SPÖ will neu verhandeln, ÖVP und FPÖ lehnen dies ab.

Wien – An sich hat sich die Ablehnung der Ökostromnovelle im Bundesrat schon im Vorfeld abgezeichnet. Trotzdem gab es einige Rettungsversuche. Doch diese sind nun gescheitert. Alle 21 SPÖ-Abgeordneten haben am Donnerstag im Bundesrat wie angekündigt dagegen gestimmt und damit die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit verhindert.

Damit hat der Bundesrat erstmals überhaupt mit einem absoluten Veto ein Gesetz in Österreich verhindert. Und damit hat die Länderkammer erstmals in ihrer Geschichte ein Gesetz zu Fall gebracht.

Von türkisen Taferln und Blankoschecks

In der Diskussion davor warfen einander Bundesräte von Regierungsparteien und SPÖ wechselseitig „kabaretthafte“ Auftritte vor. Gelacht wurde dennoch wenig. Die Argumentation von ÖVP und FPÖ: Das Gesetz bedeute nur eine Verlängerung der bestehenden Bestimmungen – bisherige Förderungen würden um drei Jahre verlängert. Diesen habe die SPÖ ursprünglich zugestimmt, die Verlängerung sichere 47 Biomasse-Kraftwerken das Überleben. Untermalt von türkisen Taferln mit der Aufschrift „Wer Ökostrom abdreht, dreht Atomstrom auf“ wiesen sie auf die heimische Wertschöpfung dieser regional verankerten Kraftwerke und damit verbundenen tausenden Jobs hin.

Die ÖVP-Bundesräte mit Klubobmann August Wöginger.
© ÖVP/Schiffl

Die SPÖ kritisiert hingegen, dass die genaue Verwendung der im Gesetz verankerten Förderungen nicht fixiert sei, eine Zustimmung bedeute daher einen „Blankoscheck“ für Umweltministerin Elisabeth Köstinger, das Geld zu verteilen, wie sie wolle. Ein Teil der erfassten Kraftwerke erfülle gar nicht die Voraussetzung, einen Wirkungsgrad von 60 Prozent zu erreichen, wie im Gesetz gefordert. Es gehe auch um sehr wenige Arbeitsplätze.

Unterschiedliche Datengrundlagen

Zur Argumentation griffen die beiden Seiten gerne auf unterschiedliche Datengrundlagen zurück. Die Regierungsparteien wiesen auf 6400 Arbeitsplätze hin, die laut einer Studie betroffen seien. Das umfasst alle in der gesamten Wertschöpfungskette errechneten Jobs, nicht nur von den 47 zu fördernden Kraftwerken, sondern von allen rund 130 Biomasse-Kraftwerken. Demgegenüber sprach die SPÖ lieber von lediglich 200 Arbeitsplätzen – das wiederum sind die direkt in den Kraftwerken angestellten.

Auch über die Strommenge, um die es geht, argumentierten die Bundesräte mit Vergnügen aneinander vorbei. Die SPÖ verwies darauf, dass alle 137 Biomassekraftwerke zusammen 3,4 Prozent des Stromverbrauchs in Österreich erzeugen, die 47 zu fördernden Kraftwerke würden es daher nur auf 1 Prozent bringen.

Dem hielt der ÖVP-Bundesrat Magnus Brunner, im Zivilberuf Vorstand der Ökostrom-Förderstelle OeMAG, entgegen, dass die 47 zu fördernden Kraftwerke doch „60 Prozent“ des Stroms erzeugen – nämlich 60 Prozent des Stroms aller Biomasse-Kraftwerke. Konkret seien es 1190 von 1900 Gigawattstunden. Seine Rechnung würde darauf hinauslaufen, dass etwas mehr als zwei Prozent des heimischen Stromverbrauchs aus den 47 Kraftwerken stammen, deren Förderung nun am Spiel steht.

Tag der Enttäuschung

Die SPÖ hatte in der Diskussion laufend ihre Bereitschaft betont, neue Verhandlungen aufzunehmen und dafür fünf Forderungen aufgestellt. SPÖ-Klubvorsitzender Jörg Leichtfried schreibt nach der Abstimmung sogar sehr optimistisch: „Der Bundesrat hat heute den Weg frei gemacht für eine gute Ökostrom-Lösung“. Nach weiteren Verhandlungen sieht es aber derzeit nicht aus.

Nach der Abstimmung hagelte es Kritik von ÖVP und FPÖ an der SPÖ. Wöginger etwa sagte zur APA, heute sei „ein Tag der Enttäuschung, die SPÖ dreht den Ökostrom ab und den Atomstrom an“. Es sei völlig unverständlich, dass die SPÖ die im Gesetzesvorschlag enthaltene Entlastung über 15 Mio. Euro für Einkommensschwache Haushalte zu Fall gebracht habe. „Leider kam die SPÖ nicht zur Vernunft“, so Wöginger. Auch Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sprach von einem „schwarzen Tag für die Biomasse und die Ökostrom-Erzeugung in Österreich“. Sie sei „entsetzt, dass die SPÖ tatsächlich Parteitaktik vor Ökostrom, vor Biomasse, vor Arbeitsplätze und vor Klimaschutz gestellt hat. Diese Ablehnung bedeutet auch, dass die SPÖ dafür verantwortlich ist, wenn mehr Atom- oder Kohlestrom nach Österreich importiert werden muss.“

Der freiheitliche Agrarsprecher Maximilian Linder wirft der SPÖ vor, sie habe sich mit ihrem Veto „ganz eindeutig gegen den Klima-und Umweltschutz und die betroffenen Bauern gestellt. ... Die SPÖ bringt damit tausende Arbeitsplätze in Forstwirtschaften, Heizanlagen und holzverarbeitenden Betrieben in Gefahr. Es ist einfach erschütternd, dass die Genossen hier ihre billige Parteipolitik vor eine Sachpolitik zum Wohle der Menschen stellt“.

„Besorgt“ äußerte sich auch Felix Montecuccoli, Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich. „Mit dieser Entscheidung gegen grüne Energiequellen macht Österreich im Kampf gegen den Klimawandel nun leider einen großen Schritt zurück“, schreibt er. (APA)