Spanien

Spanien vor Neuwahlen: Sanchez würde baldigen Termin bevorzugen

Für Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez geht eine kurze, aber sehr schwierige und konfliktreiche Amtszeit zu Ende.
© AFP/Marcou

Der Sozialisten-Chef Pedro Sanchez dürfte die Angst der Spanier vor den derzeit aufstrebenden Rechtspopulisten nutzen wollen und auf einen raschen Termin für Neuwahlen drängen.

Madrid, Barcelona – Nach knapp acht Monaten steht die sozialistische Minderheitsregierung in Madrid bereits wieder vor ihrem Ende und Spanien steuert Neuwahlen entgegen. Trotz seiner Niederlage bei der Budgetabstimmung am Mittwoch im Parlament dürfte der sozialistische Ministerpräsident Pedro Sanchez auf einen möglichst raschen Termin drängen. Er erhofft sich davon bessere Chancen auf einen für ihn guten Wahlausgang.

Der Grund: Die Sozialisten (PSOE) wollen möglichst noch vor dem Ende des polemischen Gerichtsprozesses gegen die katalanischen Separatistenführer Wahlen. Denn im Zuge der Urteilsverkündung, die im Juni oder Juli erwartet werden kann, wird es in Spanien politisch heiß hergehen und die zu erwartende Verurteilung dürfte den Wahlausgang unberechenbar machen.

Vor allem wollen die Sozialisten derzeit aber ein sehr präsentes Bild nutzen, die viele Spanier bei Neuwahlen durchaus beeinflussen können. Der konservative Oppositionsführer Pablo Casado (PP) und der Chef der rechtsliberalen Ciudadanos-Partei, Albert Rivera, veranstalteten am vergangenen Sonntag in Madrid eine Groß-Demo gegen die ihrer Meinung nach all zu dialogbereite Katalonien-Politik der sozialistischen Regierung.

Annäherung von Konservativen und Rechtspopulisten macht Angst

Das Problem: Die Demonstration war nicht so erfolgreich wie erhofft. „Vor allem aber gaben Casado und Rivera der neuen rechtspopulistischen Partei Vox die Position einer gleichwertigen und alliierten Partei, obwohl Vox heuer nicht einmal im Parlament vertreten ist“, erklärt der spanische Politologe Pablo Simon.

Simon ist sich sicher, dass die Annäherung der Konservativen an die neuen Rechtspopulisten durchaus bei vielen Spaniern Angst auslöst. Und nachdem die Konservativen Anfang Jänner auch mit Hilfe von Vox die Regionalregierung in Andalusien von den Sozialisten übernahmen, ist spätestens klar, dass Casado hier keine rote Linie kennt und auch auf nationaler Ebene zu einem Pakt mit den Rechtspopulisten von Santiago Abascal bereit wäre.

Das Gespenst der Rechtspopulisten ist nun auch in Spanien geweckt. Die noch vor drei Jahren praktisch nicht relevante Rechtspartei Vox würde heute nach Umfragen bei Wahlen bis zu 13 Prozent der Stimmen holen und erstmals im Nationalparlament sitzen. „Hier wollen die Sozialisten ganz klar das derzeitige Medienspektakel um Vox und die Angst vieler Spanier vor einer Rechten mit Einfluss auf die Regierung nutzen“, versichert Simon.

Derzeit sind verschiedenste Szenarien möglich. Zunächst wurde der 14. April ins Spiel gebracht, der frühestmögliche Termin. Die meisten spanischen Medien gehen allerdings vom 28. April oder vom 26. Mai aus. Sanchez und seine Sozialisten scheinen Eile zu haben, möglichst bald Neuwahlen durchzuführen. Bereits am Freitag will Ministerpräsident Sanchez einen Termin festlegen.

Am Donnerstag tüftelten die Sozialisten nun in ihrer Madrider Parteizentrale in der Ferraz-Straße noch am besten Terminkalender. Wenn sie sich nicht für den 14. April entscheiden, dürfte es wegen der Osterferien wohl der 28. April werden, also der Sonntag nach Ostern. Möglich wäre aber auch, die Parlamentswahlen am 26. Mai zusammen mit den Europawahlen sowie den spanischen Kommunalwahlen stattfinden zu lassen. An diesem Tag finden zudem auch in fast allen spanischen Autonomien Regionalwahlen statt.

Super-Wahlsonntag am 26. Mai hat Vor- und Nachteile

„Ein solcher Super-Wahlsonntag hat aber den Vor- oder eventuell den Nachteil, dass die Sozialisten alle Wahlen auf eine Karte setzen – auf Sanchez. Viele sozialistische Regionalchefs sind dagegen, weil sie beliebter sind als Sanchez. In anderen Regionen würde Sanchez jedoch durchaus als Zugpferd agieren. Deshalb sind sich die Sozialisten unschlüssig“, meint der Politikexperte der Madrider Juan Carlos Universität.

Andererseits wären aber auch vorgezogene Wahlen im April riskant. Denn eine Niederlage von Sanchez könnte sich einen Monat später negativ auf die Chancen der Sozialisten bei den drei Urnengängen am 26. Mai auswirken. Doch egal für welchen Termin sich Sanchez am Freitag entscheiden wird, das Panorama sieht ungünstig für die Sozialisten aus:

Zwar dürften sie laut jüngsten Meinungsumfragen vorgezogene Parlamentswahlen knapp gewinnen. Die PSOE käme zusammen mit ihren Verbündeten von der linkspopulistischen Podemos Unidos allerdings nur auf 39,5 Prozent. Mit der Unterstützung der rechtspopulistischen Vox könnten die konservative Volkspartei (PP) und die rechtsliberalen Ciudadanos aber mit 51,2 Prozent eine mehrheitsfähige Regierungskoalition bilden.

Doch warum regiert Sanchez dann nicht einfach bis zum Ende der Legislaturperiode im Juni 2020 weiter? Er könnte das Budget der konservativen Vorgängerregierung problemlos verlängern. „Es handelt sich dabei allerdings um ein Budget, das die Sozialisten in der Opposition stets als unsozial abgelehnt haben. Sie würden damit ihre Glaubwürdigkeit auf Spiel setzen“, meint Pablo Simon.

Am Mittwoch hatte das Parlament den Budgetentwurf von Ministerpräsident Pedro Sanchez abgelehnt. Neben den beiden rechtskonservativen Oppositionsparteien stimmten diesmal unter dem Eindruck des am Dienstag begonnenen Prozesses gegen zwölf Separatistenführer auch die beiden katalanischen Separatistenparteien ERC und PDeCAT gegen den Budgetentwurf. (APA)