Weltpolitik

Spaniens Regierung will Diktator Franco vor Neuwahl umbetten

Fragwürdiger Touristenmagnet und Symbol für Rechtsextreme: Das gigantische Grabmal, das Franco für sich errichten ließ.
© AFP/Soriano

Francisco Franco sorgt in Spanien mehr als vier Jahrzehnte nach seinem Tod weiterhin für Streit und Aufregung. Die sozialistische Regierung will den Leichnam aus der Basilika im Tal der Gefallenen holen. Sie stößt aber auf Widerstand. Und die Zeit läuft ihr davon.

Madrid – Die sozialistische Regierung Spaniens will die umstrittene Umbettung des Leichnams von Diktator Francisco Franco (1892-1975) noch vor der vorgezogenen Parlamentswahl vom 28. April verwirklichen. Der Ministerrat habe dazu am Freitag die Exhumierung der Überreste per Beschluss in die Wege geleitet, sagte Justizministerin Dolores Delgado vor Journalisten in Madrid. Man werde der Familie zunächst 15 Tage Zeit geben, um zu entscheiden, wo die Gebeine nach der Entfernung aus dem Mausoleum im „Tal der Gefallenen“ nordwestlich der Hauptstadt beerdigt werden sollen.

Die Familie hatte zuletzt mitgeteilt, sie wolle einer Exhumierung nur dann zustimmen, wenn der Leichnam in ein angekauftes Familiengrab in der Almudena-Kathedrale gebracht werde. Delgado bekräftigte am Freitag, man werde eine Verlegung in die Kathedrale nicht zulassen. Die Regierung unter Pedro Sánchez befürchtet, dass die Almudena mitten im Zentrum von Madrid durch das Franco-Grab zu einem neuen Wallfahrtsort für Rechtsextreme werden könnte. Sollte die Familie keine Alternative nennen, werde die Regierung über die letzte Ruhestätte des Diktators entscheiden, sagte Delgado.

Die Umbettung Francos sei „aus Gründen der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit“ unerlässlich, betonte die Ministerin. Dass der Diktator in einem öffentlich zugänglichen Mausoleum liege und ihm dort gehuldigt werde, trage nicht zum friedlichen Zusammenleben der Spanier bei. Der Beschluss der Regierung sei eine Entscheidung zur Versöhnung. Mit Blick auf die Ausrufung einer Neuwahl durch Sánchez am Freitag bezeichnete die Zeitung „La Vanguardia“ den Beschluss zur Exhumierung als „ersten Wahlkampfakt“ der Sozialisten.

Der Streit um die Umbettung hält seit vielen Monaten an. Sánchez hatte kurz nach seiner Amtsübernahme im Juni 2018 angekündigt, die Leiche an einen anderen Ort bringen zu wollen. Bis heute ist das gigantische Mausoleum mit dem 155 Meter hohen Granitkreuz eine Pilgerstätte für Menschen, die den toten Diktator verehren. „Ich denke, dass es in einer reifen, europäischen Demokratie wie der unseren keine Symbole geben darf, die die Spanier trennen“, sagte Sánchez. Das Mausoleum solle zu einem „Ort der Versöhnung“ werden.

Noch kann Einspruch erhoben werden

Die Familie, aber auch viele konservative Politiker sprachen sich gegen das Vorhaben der Sozialisten aus. Der Chef der Volkspartei (PP), Pablo Casado, bezeichnete es als „unverantwortlich, bereits geheilte Wunden wieder aufzureißen“. Die Gegner der Umbettung können noch vor dem Obersten Gericht Einspruch erheben.

Im Mausoleum in der Sierra de Guadarrama, das von 1940 bis 1959 von 20 000 Zwangsarbeitern in den Fels getrieben wurde, ruhen neben dem Gewaltherrscher auch Zehntausende Opfer des von Franco durch einen Militärputsch ausgelösten Bürgerkriegs (1936-1939). Die Leiche Francos befindet sich unter der 52 Meter hohen Basilika-Kuppel. Der Ort rund 60 Kilometer nordwestlich von Madrid wird jährlich von rund 400 000 Menschen besucht, darunter auch viele Franco-Anhänger. (dpa)