Katalonien-Konflikt wird Neuwahlen in Spanien überschatten
Madrid/Barcelona (APA) - Nach der Ablehnung seines Budgetentwurfs im Parlament kündigte Spaniens sozialistischer Ministerpräsident Pedro Sán...
Madrid/Barcelona (APA) - Nach der Ablehnung seines Budgetentwurfs im Parlament kündigte Spaniens sozialistischer Ministerpräsident Pedro Sánchez am Freitag Neuwahlen für den 28. April an. Der Katalonien-Konflikt wird dabei zweifellos im Mittelpunkt der vorgezogenen Parlamentswahlen stehen.
Das stellte nicht nur Sánchez bei der Ankündigung der Wahlen indirekt klar, sondern auch Spaniens konservativer Oppositionsführer Pablo Casado: „Wir haben es geschafft, dass die Regierung endlich das Handtuch schmeißt, weil wir den Regierungschef bei Verhandlung mit Torra erwischt haben“.
Bei den kommenden Wahlen müssten sich die Spanier zwischen denjenigen entscheiden, die mit Kataloniens separatistischem Regierungschef Quim Torra verhandeln, und Formationen wie seiner Volkspartei, die den Artikel 155 anwenden. Er habe keine Hemmungen, so Casado, den Artikel sprich die Zwangsverwaltung anzuwenden, um den Separatisten das Handwerk zu legen, die Spanien zerstören wollen.
Zusammen mit dem Chef der rechtsliberalen Ciudadanos-Partei Albert Rivera veranstaltete Casado bereits am vergangenen Sonntag mit Unterstützung der neuen rechtspopulistischen Vox-Partei in Madrid eine Großdemonstration gegen die angeblich zu dialogbereite Katalonien-Politik der Sozialisten.
Auslöser war eine erst kurz zuvor bekanntgewordene Forderungsliste der separatistischen Regionalregierung von Torra für die Unterstützung von Sánchez Budgetentwurfs. Unter den Forderungen waren unter anderem die Genehmigung eines legalen Unabhängigkeitsreferendums sowie ein Freispruch der zwölf Separatistenführer, die seit Dienstag vor dem Obersten Gerichtshof wegen Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Gelder stehen.
Obwohl Sánchez zugab, dass ihm Torra diese Liste bei seinem letzten Besuch in Katalonien kurz vor Weihnachten übergab, stellte er auch klar, diese Liste nie akzeptiert zu haben. „Wir waren immer für den politischen Dialog, aber innerhalb der Verfassung“, erklärte Sánchez erneut am Freitag bei der Ankündigung der Neuwahlen.
Als die Regierung jedoch vor knapp über einer Woche in Aussicht stellte, bei den schwierigen Gesprächen mit den Separatisten eine Art „Vermittler“ zu akzeptieren, eine Forderung der polemischen 21-Punkte Liste Torras, warf Casado Sánchez „Hochverrat“ vor und kritisierte ihn, die „Einheit des Landes aufs Spiel zu setzen, um sich an der Macht zu halten“. Sowohl Rivera als auch Casado forderten Sánchez auf, Neuwahlen auszurufen.
„Das Argument war zwar ein wenig fadenscheinig, da sich auch Casados Vorgänger Mariano Rajoy stets wenn auch dezenter Vermittler beim Gespräch mit Kataloniens Separatisten bediente. Aber die Konservativen suchten schon seit langem einen konkreten Grund, Neuwahlen zu provozieren“, erklärte der spanische Politologe Pablo Simon im Gespräch mit der APA.
Sánchez geriet nun in die Zwickmühle. Die Rechte erhöhte den Druck und beschuldigte ihn Sachen, die er noch nicht einmal getan hatte. Und die Separatisten forderten gleichzeitig im Zuge des beginnenden Prozesses gegen die Separatistenführer und für die Unterstützung des Budgetentwurfs offizielle Zugeständnisse. Daraufhin brach Sánchez die Gespräche mit den Katalanen ab und rief nun Neuwahlen aus, nachdem die Separatisten ihn im Parlament tatsächlich hängen ließen.
Der Katalonien-Konflikt wird zweifellos der Mittelpunkt der nun bevorstehenden Wahlkampagne. „Zumal der seit Dienstag laufende Prozess gegen die katalanischen Separatistenführer permanent Öl ins Feuer der politischen Debatten schütten wird“, ist sich Politologe Pablo Simon sicher.
Laut Wahlumfragen dürften Sánchez Sozialisten bei den Neuwahlen zwar knapp vor den Konservativen stärkste Partei werden. Doch ist zu erwarten, dass die Konservativen mit der bereits zugesagten Unterstützung von Ciudadanos und der rechtspopulistischen Vox-Partei eine regierungsfähige Mehrheit bekommen.
Das dürfte den Katalonien-Konflikt verschärfen. Kataloniens Regierungssprecherin Elsa Artadi stellte bereits am Freitag nach der Ankündigung der Neuwahlen klar: „Spanien wird nicht regierbar sein, bis nicht der politische Konflikt mit Katalonien gelöst ist“. Sie kritisierte Sánchez, keinen „Mut und Durchsetzungsfähigkeit“ gehabt zu haben, um den Katalonien-Konflikt zu lösen. Sollte das Rechts-Lager jedoch wie vermutet gewinnen, ist die Rückkehr zum Frontalzusammenstoß garantiert.
Dafür werden spätestens auch die Rechtspopulisten von Vox sorgen, denen die Wahlumfragen bis zu 13 Prozent der Stimmen vorhersagen. Die bisher nicht im Parlament vertretene Vox sprach sich bereits dafür aus, die Parteien der „Putschisten“ komplett zu verbieten.