Aare 2019

Marcel Hirscher und die letzte Chance auf den WM-Rekord

Kann Hirscher Toni Sailers Rekord einstellen?
© imago

Österreich droht nach 1987 die erste WM ohne Gold. Allen voran soll das Marcel Hirscher im Slalom am Sonntag (11/14.30 Uhr, ORF eins) verhindern.

Aus Aare: Roman Stelzl

Aare – Auf der grauen Couch im Pressezentrum hatte es sich Marcel Hirscher am Freitagabend so richtig gemütlich gemacht. Zurücklehnen. Ein wenig entspannen. Und runterkommen. Zuvor hatte der 29-jährige Salzburger nach Rang zwei im WM-Riesentorlauf noch alle Kameras abwechselnd wissen lassen, dass „der Zweite der erste Verlierer ist“. Was sehr nach Niederlage klang.

Nun aber schwenkte der Blick vom eben Geschehenen bereits schnell zum Zukünftigen – dem Slalom am Sonntag (11/14.30 Uhr, live ORF eins). Und allein der Gedanke, nun einen Tag Pause zu haben, zauberte dem 68-fachen Weltcupsieger ein Lächeln auf das Gesicht.

ÖSV-Team hofft auf Erlösung

„Jetzt heißt es regenerieren und erholen. Und dann wieder voll angreifen“, legte Österreichs Ski-Star seinen einfachen Schlachtplan vor. Simpel war er deshalb, weil Hirscher nach fünf Slalomsiegen in dieser Saison nicht an der Form, sondern nur an der Verfassung zu zweifeln hat.

Toni Sailer führt die WM-Rekordliste an.
© imago/ZUMA/Keystone

Eine Erkältung oder ein grippaler Infekt, je nach Definition, hatte dem siebenfachen Gesamtweltcupsieger am Tag vor dem Riesentorlauf zugesetzt. Und auch wenn er im Rennen selbst kein Hindernis mehr gewesen sein soll („Ich war zu 100 Prozent fit, das ist keine Ausrede“), galt es in erster Linie einen Rückfall zu vermeiden. Um fit zu sein für den heutigen WM-­Höhepunkt.

Der ist ja gleich in mehrfacher Hinsicht prekär. Denn für Hirscher geht es einerseits darum, seinen siebenten Titel zu holen, womit er in der ewigen Bestenliste mit Tirols Ski-Legende Toni Sailer gleichziehen könnte (obwohl zwei Team-WM-Titel Hirschers die Statistik etwas verfälschen).

„Auf Salz hat er schon oft bewiesen, dass er das einfach besser kann als jeder andere.“
Marcel Hirscher (über Henri­k Kristoffersen)

Zum anderen hofft mit ihm auch das ganze österreichische Team auf eine Art Erlösung. Ganz so wie bei der großen Heim-WM 2013 in Schladming. Da hatte der Doppel-Olympiasieger „sein mental schwierigstes Rennen“ gewonnen. Nun ist die Aufgabe nicht mit dermaßen viel Druck verbunden, dennoch steht doch eine lange Serie auf dem Spiel: Die letzte WM ohne österreichische Goldmedaille datiert vom Jahre 1987 im Schweizer Crans Montana.

„Ich kann mir nichts vorwerfen“

Hirscher selbst will von solchen Dingen nichts hören („Ich kann nicht immer einspringen“). Zumal der Start an sich schon mit großer Anstrengung verbunden war. „Da überlegt man, ob man nicht lieber in den Krankenstand gehen möchte und seinen Chef anruft und sagt, sorry, ich bin heute krank, heute wird das nichts. Das sind die Tage, wo du durchbeißen musst, wo man ordentlich über seine Grenzen hinausgehen muss“, erklärte der Titelverteidiger.

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Und auch wenn ihn der Druck von außen laut eigener Aussage kaltlässt, so spürt er ihn dennoch sehr wohl. „Man hat von mir nach zehn Saisonsiegen erwartet, dass ich in diesen zwei Rennen einmal oben stehe. Da müsste jetzt jeder von euch lügen, wenn er Nein sagt. Ich erhoffe mir das selbst ja auch. Aber ich habe alles gegeben, habe alles versucht und kann mir nichts vorwerfen.“

Hohe Erwartungen an Schwarz

Zugleich ist die letzte Chance auf Gold für Österreich aber auch die größte – denn in keiner anderen Disziplin ist die Erfolgsbilanz heuer so hoch. Neben Hirscher sagen Saisonsieger Marco Schwarz, die beiden Tiroler Manuel Feller und Michael Matt sowie Christian Hirschbühl den Favoriten rund um Riesentorlauf-Weltmeister Henrik Kris­toffersen (NOR) und den Franzosen Clément Noël und Alexis Pinturault den Kampf an.

Erwarten darf man sich dabei vor allem vom 23-jährigen Kärntner Schwarz einiges. Der zweifache Weltcupsieger zeigte mit Kombi-Bronze, Team-Silber und Rang fünf im Riesentorlauf, dass ihm der WM-Hang von Aare derzeit gut zur Form passt. „Mir taugt es hier. Ich kann jetzt ohne Druck fahren“, erklärte Schwarz. Und es soll auch wieder kälter und damit eisiger werden. Also wohl ganz so, wie es sich Marce­l Hirscher wünschte.

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