Pirchner: „Quereinsteiger beleben politisches Geschäft“
Der frühere ORF-Moderator Wolfram Pirchner will für die ÖVP ins Europaparlament einziehen. Er sieht sich als Botschafter der Idee Europa.
Sie kandidierten bereits bei der Landtagswahl in Niederösterreich für die ÖVP. Sie begründeten dies mit der Wertschätzung gegenüber Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Hatte Ihre Kandidatur damals mehr persönliche, weniger parteipolitische Motive?
Wolfram Pirchner: Ich bin im heiligen Land Tirol mit einem sozialdemokratischen Papa und einer tiefschwarzen Mutter aufgewachsen. Ich habe also von Kindheitstagen an erlebt, was ein wertschätzender Umgang miteinander bedeuten kann. Wir haben im Elternhaus viel über Politik gesprochen. Ich erlebte dabei, wie sich meine Eltern trotz politischer Gegensätze respektvoll begegneten. Meine Entscheidung, mich für Mikl-Leitner zu engagieren, war vor allem persönlich motiviert. Ich schätze die Landeshauptfrau, bin zudem seit 25 Jahren mit Erwin Pröll gut befreundet. Und ich spürte damals in mir die Lust, Politik zu machen. Ich stand damals bei Eiseskälte auf der Straße, um für die Landeshauptfrau zu werben.
Bei der Nationalratswahl traten Sie als Unterstützer von Sebastian Kurz auf.
Pirchner: Mein Engagement hatte auch damals in erster Linie mit Sebastian Kurz zu tun, aber auch mit dem neuen Stil in der ÖVP. Diese Aufbruchsstimmung damals war für mich faszinierend. Ich selbst sehe mich als Macher. Deshalb war es für mich auch so toll, als man mich fragte, die Bewegung zu unterstützen – damals im Nationalratswahlkampf und jetzt als Kandidat zur EU-Wahl. Ich sehe mich als Kommunikator zwischen Österreich und Europa. Da ist viel zu tun, wenn zwei Drittel der Österreicher laut einer aktuellen Umfrage nicht wissen, was da oben in Brüssel passiert.
Seit wann sind Sie Mitglied der ÖVP?
Pirchner: Ich bin seit 2012 Mitglied der niederösterreichischen VP.
Für die EU-Wahl aufgestellt wurden Sie vom ÖVP-Seniorenbund.
Pirchner: Dort bin ich auch Mitglied.
Wer hat Sie wegen der Kandidatur angesprochen?
Pirchner: Mich hat Sebastian Kurz angerufen und gefragt, ob ich kandidieren will. Ich habe dies dann mit meinen zwei Kindern besprochen. Am nächsten Tag habe ich dann dem Kanzler zugesagt.
Als Ihre Kandidatur bekannt geworden ist, sprach Politikberater Thomas Hofer mit Bezug auf ihre 30-jährige ORF-Vergangenheit von einem „Aufmerksamkeitsfaktor“, der hier zum Tragen komme.
Pirchner: Quereinsteiger beleben das Geschäft. Mir geht es darum, für unsere Bewegung ein Super-Ergebnis zu erreichen. Ich hoffe natürlich auch, dass wir die Mandatszahl erhöhen können.
Welche Aufgabe wollen Sie denn wahrnehmen, sollten Sie ins EU-Parlament gewählt werden?
Pirchner: Ich möchte gerne der Botschafter der Idee Europa in Österreich sein – und ich will die Anliegen der Österreicher in Brüssel vertreten. Ich kann aufgrund meiner Fernsehvergangenheit und auch aufgrund meiner Ausbildung zum Mentalcoach sehr gut mit Menschen sprechen, sie begeistern. Das Vermitteln von Inhalten und Werten in einer Sprache, die jede Frau und jeder Mann versteht, ist mein tägliches Geschäft. Das ist meine Stärke.
Die ÖVP setzte bei der Europawahl mit Ursula Stenzel schon einmal auf die ORF-Zugkraft.
Pirchner: Der Wähler der ÖVP kann mit seiner Vorzugsstimme direkt entscheiden, wer von unserer Bewegung künftig in Brüssel tätig sein soll. Mir geht es darum, dass unser Team am Wahl- abend einen großen Erfolg feiert. Ich bin ein Gegner von jeglichem Radikalismus – und zwar zutiefst. Es braucht daher eine starke Volkspartei, damit nicht die rechten und linken Ränder an Einfluss gewinnen können.
Wie ist Ihr Verhältnis zur FPÖ?
Pirchner: Sie wissen, dass wir auf Regierungsebene mit der FPÖ sehr erfolgreich zusammenarbeiten. Und wir fahren eine klare proeuropäische Linie auch im Europäischen Parlament und lassen uns dies auch von niemandem streitig machen.
Sie haben das Team der ÖVP für die EU-Wahl bereits angesprochen. Wer steht Ihnen politisch näher: Othmar Karas oder Staatssekretärin Karoline Edtstadler?
Pirchner: Ich mache mir natürlich meine Gedanken, aber ich glaube nicht, dass sich jemand für meine Privatmeinung interessiert.
Doch, mich würde sie interessieren.
Pirchner: Wir treten als vielfältiges und breit aufgestelltes Team an, und das ist gut so. Ich bin viel unterwegs, rede mit vielen Bürgern auf der Straße, aber noch niemand hat mich nach Karas oder Edtstadler gefragt. Ich kümmere mich um die Fragen, die die Menschen der Generation 60 plus bewegen.
Bei der EU-Wahl geht es aber auch um die Zukunft der Europäischen Union. Welche Meinung haben Sie zur Politik von Victor Orbán? Seine Partei Fidesz ist ja Teil der Europäischen Volkspartei.
Pirchner: Wie gesagt, ich lehne jede Form von Radikalismus ab. Mich hat aber auch noch kein Bürger auf der Straße zu Orbán gefragt. Mehr ist im Moment dazu nicht zu sagen.
Sie haben eine lange ORF-Vergangenheit. Wollen Sie sich künftig auch in der Medienpolitik einbringen?
Pirchner: Ich bin in erster Linie Kommunikator. Mein Hauptaugenmerk richtet sich auf die Sorgen und Anliegen der älteren Bevölkerung. Klar ist: Die Medienpolitik muss den Fokus mehr auf österreichische Inhalte setzen.
Trotzdem noch eine Frage an den langjährigen ORFler: Soll der ORF weiterhin mit Gebühren finanziert werden?
Pirchner: Darüber zerbrechen sich zurzeit die Experten und die politisch Verantwortlichen die Köpfe. Und sie werden eine gute Lösung für den ORF finden.
Sie haben kürzlich erklärt, Sie wären für die Außenpolitik ungeeignet, weil Sie die Kunst der diplomatischen Antworten nicht beherrschen. Ich denke, Sie haben hier sehr schnell gelernt.
Pirchner: Auch im biologisch fortgeschrittenen Stadium ist man lernfähig.
Das Gespräch führte Michael Sprenger