Entscheidende Woche im Prozess gegen Kataloniens Separatistenführer
Madrid/Barcelona (APA) - Der Mammut-Prozess gegen zwölf katalanische Separatistenführer vor dem Obersten Spanischen Gerichtshof in Madrid tr...
Madrid/Barcelona (APA) - Der Mammut-Prozess gegen zwölf katalanische Separatistenführer vor dem Obersten Spanischen Gerichtshof in Madrid tritt diese Woche in eine entscheidende Phase.
Neben zwei Bürgeraktivisten und Kataloniens ehemaliger Parlamentspräsidentin Carmen Forcadell sitzen insgesamt neun Mitglieder von Carles Puigdemonts ehemaliger Regionalregierung auf der Anklagebank. Wegen der Vorbereitung und Durchführung des illegalen Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober 2017 sowie der anschließenden Ausrufung der katalanischen Republik sollen sie sich der Rebellion, des Aufruhrs und der Veruntreuung öffentlicher Steuergeld schuldig gemacht haben. Einigen Angeklagten wie Kataloniens Vize-Regierungschef Oriol Junqueras drohen bis zu 25 Jahre Haft.
Nach der zweiwöchigen Anhörung der Angeklagten werden ab Mittwoch nun die ersten der fast 500 Zeugen vernommen. Da in Spanien am 28. April jedoch vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden, haben sich die Richter entschieden, gleich zu Beginn die prominentesten Zeugen anzuhören, um den politischen Einfluss des Prozesses auf die Wahlkampagne möglichst zu reduzieren.
So werden bereits am Mittwoch Spaniens ehemaliger Ministerpräsident Mariano Rajoy (PP), dessen damalige stellvertretende Regierungschefin Soraya Saenz de Santamaria und Ex-Finanzminister Cristobal Montoro vernommen. Saen de Santamaria führte damals die Verhandlungen und Gespräche mit der katalanischen Regionalregierung, um das zuvor vom Verfassungsgericht untersagte Unabhängigkeitsreferendum zu unterbinden. Von Cristobal Montoro erhoffen sich die Richter einen Einblick, um die Separatisten tatsächlich Steuergelder für die Durchführung des Unabhängigkeitsreferendums benutzten.
Am selben Tag müssen auch der separatistische ERC-Parlamentarier Joan Tarda, Kataloniens amtierender Parlamentspräsident Roger Torrent und Kataloniens ehemaliger Ministerpräsident Artur Mas in den Zeugenstand. Am Donnerstag werden die Richter dann den amtierenden baskischen Regierungschef Inigo Urkullu anhören, der im Vorfeld des illegalen Unabhängigkeitsreferendums zwischen der spanischen Zentralregierung von Mariano Rajoy und der separatistischen Regionalregierung von Carles Puigdemont versuchte zu vermitteln.
Doch zuvor wird am Dienstag mit Jordi Cuixart, dem ehemaligen Vorsitzenden der separatistischen Bürgerbewegung Omnium Cultural, und Carmen Forcadell, Kataloniens damaliger Parlamentspräsidentin, noch die letzten Angeklagten vernommen.
Abgesehen vom Vorwurf des zivilen Ungehorsams gegen das Verbot des Verfassungsgerichts das Referendum überhaupt vorzubereiten, wiesen die Angeklagten bisher alle Schuldzuweisungen von sich. „Überhaupt nichts von all dem, was wir gemacht haben, ist eine Straftat“, so Oriol Junqueras, der bereits seit über 15 Monaten in U-Haft sitzt. Wie die anderen Angeklagten erklärte auch Junqueras, dass vor Gericht seine politischen Ideen ständen. Er sei wie die anderen ein „politischer Häftling“.
Die Strategie, sich gegen die Anschuldigung der Rebellion zu wehren, war bisher bei allen Angeklagten die selbe. Man habe immer zum „zivilen und gewaltlosen Protest“ gegen die Versuche der Madrider Regierung und der spanischen Polizei aufgerufen, welche die Vorbereitung des Referendums verhindern wollten. Auch sei die Gewalt am Referendumstag selber nicht von den friedlich wählenden Bürgern, sondern von der spanischen Polizei ausgegangen, so die Angeklagten. Sollte der Aufruf zur Gewalt nicht nachgewiesen werden können, würde der Hauptanklagepunkt der Rebellion wegfallen.
Bei der Veruntreuung öffentlicher Gelder wichen die Strategien der Angeklagten ab. Einige behaupteten, dass „kein Euro“ für das Referendum bezahlt wurde. Andere erklärten, sie hätten sich nicht um die Finanzierung gekümmert oder ihr Ministerium sei schlichtweg nicht dafür zuständig gewesen.
Nun wollen die Richter mit den Aussagen der involvierten Regierungspolitiker von damals Licht hinter diese Fragen bringen. Obwohl die spanische Justiz wegen der internationalen Aufmerksamkeit und der Proteste in Katalonien auf Transparenz setzt und die Verhandlung öffentlich per Videostream überträgt, hält der Prozess gegen die Separatistenführer Katalonien weiterhin in Spannung.
Vergangene Woche kam es erneut zu Massenprotesten und einem Generalstreik gegen den angeblich politischen Prozess. Am Montag wollen die sogenannten „Komitees zur Verteidigung der Republik“ (CDR) gegen die Eröffnung des Mobile World Kongresses in Barcelona durch König Felipe protestieren.
Bereits am Sonntagabend demonstrierten fast eintausend Unabhängigkeitsbefürworter gegen die Anwesenheit des spanischen Monarchen in der katalanischen Mittelmeermetropole vor dem Museum für Zeitgenössische Kunst (MACBA), in dem Felipe ein Gala-Dinner für die Ausrichter der international größten Mobilfunkmesse ausrichtete. Seitdem sich König Felipe nach dem Unabhängigkeitsreferendum vehement gegen die separatistischen Strömungen stellte, gilt er als „rotes Tuch“ für Kataloniens Unabhängigkeitsbefürworter.