Wenn die Krankheit mitreist: Was bei Reiseversicherungen wichtig ist
Menschen mit einer medizinischen Vorgeschichte sollten sich für den Urlaub gut versichern. Wichtige Grundsätze müssen bei Vertragsabschluss jedoch beachtet werden.
Von Andrea Wieser
Innsbruck –Im Urlaub krank werden? Wer will das schon? Aber es kommt vor. Wer dann gut versichert ist, darf sich glücklich schätzen. „Wir empfehlen Reisenden den Abschluss einer individuell passenden Versicherung“, sagt Christian Schuster-Wolf, Rechtsexperte bei der Arbeiterkammer Tirol. Das wollte auch ein Leser tun, als er im letzten Sommer eine Busreise plante. Nur hätte er, so berichtete er TT-Ombudsmann Hansjörg Jäger, die Versicherung aufgrund einer Vorerkrankung nur zu ungünstigen Konditionen bekommen. „Ich sehe hier eine Ungerechtigkeit gegenüber Senioren“, so der Betroffene. „Wer hat denn mit 75 Jahren keine medizinische Vorgeschichte?“
Auf Nachfrage bei einem der größten Anbieter am österreichischen Markt, der Europäischen Reiseversicherung, heißt es dazu, dass sich die Konditionen seit Oktober 2018 tatsächlich geändert haben. Man habe einige Kurzfristprodukte, die sehr wohl bestehende Einschränkungen gehabt hätten, ersatzlos gestrichen. Vorher gab es für Reisende, die sechs Monate vor der Abreise stationär oder ambulant betreut worden waren, Einschränkungen. „Wir haben gesehen, dass die Auswahl zu komplex war“, erklärt dazu Wolfgang Lackner, Vorstandsvorsitzender der Europäischen Reiseversicherung. Von einer Altersklausel könne aber keine Rede sein. In Deutschland sei das aber tatsächlich bei manchen Anbietern ab dem 65. Lebensjahr der Fall.
Vorerkrankungen sind aber sehr wohl auch bei der Europäischen Reiseversicherung ein Thema. Im Storno-, Abbruchs- und Auslandserkrankungsfall besteht für das unerwartete Akutwerden der Vorerkrankung Deckung, wobei die Versicherungssumme im Auslandsreisekrankenschutz auf 500.000 Euro begrenzt ist, heißt es beim Versicherer. Außerdem darf der akute Erkrankungszustand nicht schon bei Reiseantritt bestanden haben. Das bedeutet konkret, dass der Versicherte medizinisch gut eingestellt sein und sich vom behandelnden Arzt „grünes Licht“ für die Reise geben lassen muss.
„Grundsätzlich ist der Inhalt der Reiseversicherungen nicht gesetzlich vorgegeben. Es werden Verträge mit unterschiedlichem Umfang angeboten, vom reinen Stornoschutz bis zum umfangreichen Paket inklusive medizinischer Zusatzversorgung und Rückholung vom Urlaubsort“, klärt Christian Schuster von der AK über die allgemeine Lage auf. Das heißt konkret, dass je nach Versicherungsanstalt und Produkt das Bündel unterschiedlich geschnürt ist. Eine Reiseversicherung, die Senioren benachteiligt, ist dem Juristen aber noch nicht untergekommen. Er rät prinzipiell zu einer lebensnahen Einschätzung der Situation: „Einen Urlaub in einem österreichischen Wellnesshotel wird man vielleicht anders einstufen als eine Fernreise. Bei Vorerkrankungen ist es zudem wichtig, diese vor Vertragsabschluss bekannt zu geben, um den tatsächlichen Deckungsumfang der Versicherung zu erfragen.“
Aber was ist denn jetzt eigentlich eine Reiseversicherung? „In der Regel sind in den Paketen Storno-, Gepäck- und Reisekrankenversicherungen enthalten“, erklärt Michael Schopper, Obmann der Versicherungsmakler in der Wirtschaftskammer. Versicherungen für einzelne Reisen, die nur rund 30 bis 40 Euro kosten und bei Reisebuchung schnell dazugekauft werden, sind eigentlich kein Thema für Makler. „Mit Jahresreiseversicherungen haben wir aber zu tun“, sagt er. Das betreffe dann Menschen, die etwa beruflich viel reisen müssen. Er rät aber auch bei spontanen Trips immer zum Angebotsvergleich.
In konkreten Fällen kann es hilfreich sein, den Versicherungsexperten zu kontaktieren. Wenn man zum Beispiel zusätzlich zur Reiseversicherung über die Kreditkarte und den Autofahrerclub geschützt ist, kann eine Beurteilung dessen, wer etwa für eine Rückholung vom Urlaubsort zuständig ist, Sinn machen.