Innenpolitik

Präventivhaft: Doskozil hat die SPÖ schwer in die Bredouille gebracht

Vergangenheit und Zukunft der SPÖ: 130 Jahre lang führten Männer die Partei. Mit Pamela Rendi-Wagner steht erstmals eine Frau an der Spitze.
© Pfarrhofer

Wegen seines Vorstoßes zur Präventivhaft, der weiter geht als der des FPÖ-Innenministers, ist Parteichefin Rendi-Wagner in Erklärungsnot.

Von Karin Leitner

Wien –Normalerweise gehen Gesetzesverschärfungswünsche der FPÖ der SPÖ zu weit. Nun bremst ein Blauer einen Roten ein. Innenminister Herbert Kickl will, dass fortan „Sicherungshaft“n ur für potenziell gefährliche Asylwerber möglich ist, für Österreicher solle das aber nicht gelten. Letzteres hatte der designierte burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil angeregt. „Bei Asylwerbern habe ich die Perspektive einer Außerlandesbringung. Die habe ich bei Österreichern nicht. Das dürfte Herr Doskozil vergessen haben“, sagt Kickl.

Die eigene Partei hat Doskozil mit seiner Begehrlichkeit in die Bredouille gebracht. Nicht abgesprochen sei das gewesen, heißt es gegenüber der TT. In der ORF-Pressestunde war Doskozil gefragt worden, ob es Präventivhaft nur für Asylwerber oder auch für Inländer geben sollte. Für diese und jene, antwortete dieser. Es habe nicht nur den Fall in Dornbirn (ein Asylwerber hat einen Beamten getötet), sondern auch Messerattacken in Beziehungen gegeben. Zwischen Flüchtlingen und Österreichern zu unterscheiden, erscheine ihm nicht sinnvoll.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ist in Erklärungsnot. Als Kickl Mitte des Monats kundgetan hatte, was er möchte, reagierte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried so: Der Fall im Ländle sei „Versagen der Behörde des Innenministers“; Schubhaft wäre nach derzeitiger Rechtslage möglich gewesen. Kickl schöpfe die Möglichkeiten nicht aus. Kurz darauf sagte Rendi-Wagner hingegen, die Sozialdemokratie sei grundsätzlich „immer verhandlungsbereit“. Und jetzt Doskozils Ansage.

Was sagt Rendi-Wagner dazu? „Für mich stellt sich diese Frage auf der politischen Ebene noch nicht.“ In einer „Task-Force“ solle aufgearbeitet werden, was in Vorarlberg geschehen ist. „Solange ich diese Ergebnisse nicht habe, stehe ich für Diskussionen nicht zur Verfügung“, befand sie im Ö1-Mittagsjournal. Es gehe „um die Einschränkung persönlicher Freiheiten. Da ziehe ich eine rote Linie.“

Leichtfried interpretiert Doskozil via TT: „Ich habe das so verstanden, dass es um eine Diskussion über die Intensivierung von Maßnahmen für den Gewaltschutz von Frauen geht. Etwa wie die U-Haft derzeit gehandhabt wird. Das ist alles einfachgesetzlich möglich.“ Um ihren Präventivhaft-Plan zu realisieren, brauchen die Regierungsparteien eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat, also den Sanktus der SPÖ oder der NEOS. Wie Rendi-Wagner plädiert Leichtfried für eine „Task-Force“: „Sollte sich herausstellen, dass es marginalen Änderungsbedarf beim Fremdenpolizeigesetz gibt, kann man das diskutieren.“ Verfassungsänderungen seien nicht nötig.

Für Oberösterrreichs SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer ist eine Sicherungshaft „indiskutabel“, sie lehnt eine solche für Asylwerber und Österreicher ab. Das hieße, „jemanden als Räuber zu verurteilen, bevor er einen Raub begangen hat“. Als „Einzelmeinung“ wertet Kärntens Landeshauptmann und Bundesparteivize Peter Kaiser das von Doskozil Gesagte. Das ist es nicht. Der Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig ist eines Sinnes mit Doskozil: „Für ein Opfer eines Gewaltverbrechens spielt es keine Rolle, woher der Täter kommt.“ Auch der designierte Tiroler SPÖ-Vorsitzende Georg Dornauer unterstützt Doskozil, zu dem er ein sehr gutes Verhältnis hat: „Man kann über das reden – aber vor dem Hintergrund der Wahrung aller Grund- und Menschenrechte.“ Leute „einfach wegzusperren“, gehe nicht an. Das wolle auch Doskozil nicht. Diesem sei es darum gegangen, „den Fokus weg von der Migrationsproblematik zu bringen“.