Versicherung bis Hunde-Verbot: Viele Fragen vor Kuh-Gipfel
Nach dem Urteil gegen einen Stubaier Bauern sind die Sorgen groß. Die Landespolitik drängt auf eine Versicherungslösung. Zu weiteren Themen, etwa einem Hunde-Verbot, hält man sich bedeckt.
Innsbruck –Kämpferische Ansagen, verbale Schulterschlüsse und Lippenbekenntnisse dominieren seit dem aufsehenerregenden Urteil nach einem tödlichen Kuhangriff im Pinnistal die öffentliche Debatte. Heute soll es endlich konkret werden. Beim runden Tisch der Landwirtschaftskammer sollen erstmals ausdefinierte Maßnahmen diskutiert werden. Besonders die leidigen Fragen des Versicherungsschutzes sollen geklärt werden. Geht es nach der Landespolitik, ist etwa eine Lösung ähnlich jener Haftpflichtversicherung des Landes für Sportfunktionäre denkbar.
„Niemand, der nach bestem Wissen und Gewissen seine Tiere auf der Alm hält, soll Gefahr laufen, in seiner Existenz bedroht zu sein oder sich gezwungen sehen, das Vieh im Stall zu lassen oder Wege zu sperren“, lassen Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und sein Stellvertreter Josef Geisler (ebenfalls ÖVP) in einer schriftlichen Stellungnahme vorab mitteilen. „Deshalb führt an einer Versicherungslösung kein Weg vorbei“, betonen beide unisono. Landwirtschaftslandesrat Geisler erklärt, dass das Land Tirol bereits Erfahrungen mit ähnlichen Versicherungen habe – etwa die Haftpflichtversicherung für Sportfunktionäre, die Lösung für Wegehalter im Tiroler Mountainbikemodell oder für Mitglieder der Lawinenkommissionen. Wo sie diese ansiedeln wollen oder wie sich Platter und Geisler das Modell im Detail vorstellen, verschwiegen sie gestern. „Es geht aber um den Fortbestand und die Sicherung der Alm- und Freizeitwirtschaft für Einheimische und Gäste mit all ihren wichtigen Leistungen für unser Land“, sagt Platter.
Und wer käme für die Kosten so einer Lösung auf? Immer wieder war die vergangenen Tage der Vorschlag aufgeploppt, dass auch der Tourismussektor bzw. die Tourismusverbände – als einer der großen Nutznießer der bewirtschafteten Almlandschaft – einen Teil dazu beitragen könnte. Entweder über einen Fonds oder über die (Mit-)Finanzierung einer Versicherung. Gerhard Föger, Leiter der Tourismusabteilung des Landes, wäre für ein „komplexes Szenario“, welches im Ernstfall erst noch zu prüfen sei. „Dass eine Versicherung über touristische Gelder finanziert wird, ist derzeit noch ohne Beispiel.“ Es stelle sich etwa die Frage, ob so ein Modell auf Landesebene oder regional bei den Verbänden beheimatet sein solle, erklärt Föger.
Zu weiteren Themen – etwa der Frage, ob ein Hunde-Verbot im hochalpinen Raum anzudenken und machbar wäre – war gestern von den zuständigen Landesbehörden nichts in Erfahrung zu bringen. Die Verantwortlichen wollten dem Kuh-Gipfel nicht vorgreifen, hieß es. (bfk)
Instanzenzug steht noch offen
Selten haben sich Tiroler Juristen so um ein Fremdurteil gerissen als um jenes zur tödlichen Kuhattacke. Rechtsanwälte, Landesbeamte, Versicherer und Kammerjuristen bemühen sich seither um Interpretation und Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels. Schon jetzt haben sich da in berufenen Juristenkreisen zwei Blöcke gebildet. Die einen sehen in den 104 Seiten ein sehr sauber aufbereitetes Urteil, das aufgrund Bezugnahme auf höchstgerichtliche Judikatur nur schwer zu knacken sein dürfte. Manche meinen sogar, dass das Oberlandesgericht eine ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof (OGH) verwehren könnte und so nur der noch steinigere Weg einer außerordentlichen Revision bestehen würde. So behandle das Urteil demnach einen reinen Einzelfall und sei die Causa letztlich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung. Beurteilt der OGH doch nur Berufungen, denen „zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt". Genau darin sieht wiederum der zweite Block einen vorprogrammierten Weg an den Obersten Gerichtshof. Widerspreche das erstinstanzliche Urteil doch zwei jüngsten OGH-Entscheidungen zu Mutterkühen und Warntafeln. Daher sei vom Höchstgericht aufgrund seiner Leitfunktion die bedeutsame Causa im Sinne der Rechtseinheit und -sicherheit jedenfalls abschließend zu lösen. (fell)