Innsbruck

Leben mit seltener Krankheit: „Es ist mir noch nie so gut gegangen wie jetzt“

Daniela Karall, Robert Gruber, Markus Dannehl – der am Netherton-Syndrom leidet – und Johannes Zschocke sprachen gestern auf der Klinik über Seltene Erkrankungen.
© Tilak

Die Wissenschaft kennt bis zu 8000 Seltene Erkrankungen. Ein Betroffener ist Markus Dannehl, ihm konnte an der Klinik geholfen werden.

Von Irene Rapp

Innsbruck — Seltene Krankheiten — der Name sagt schon alles. „Davon spricht man, wenn einer von 2000 betroffen ist", weiß Daniela Karall, stellvertretende Direktorin der Innsbrucker Kinderklinik und Gründungsmitglied des Zentrums für Seltene Krankheiten Innsbruck (ZSKI).

An die 6000 bis 8000 Seltene Erkrankungen sind bekannt, rund 40.000 Tiroler betroffen. Ein Krankheitsbild ist das Netherton-Syndrom — mit Symptomen „ähnlich einer Neurodermitis, nur viel stärker", weiß Robert Gruber, leitender Oberarzt der Uniklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie. Demnach gehe diese Erkrankung mit großflächiger roter Haut mit vermehrter Entzündung und Schuppenbildung, sehr trockenen Haaren sowie vielen Allergien einher.

Ganz genau weiß es Markus Dannehl, der davon betroffen ist. „Wenn man einen Schub hat, platzt die Haut auf. Das Ganze ist sehr schmerzhaft, man ist immer erschöpft", berichtet der 53-Jährige. In seinem Fall wurde die Erkrankung zudem jahrzehntelang nicht diagnostiziert, dafür kennt er viele Kliniken von innen nur zu gut.

An der Innsbrucker Klinik entschied man sich im letzten Jahr für einen „individuellen Heilversuch". „Wir haben Herrn Dannehl mit einem Medikament behandelt, welches eigentlich für Neurodermitis zugelassen ist", informiert Gruber. Dabei handelt es sich um einen monoklonalen Antikörper, der sich gegen gewisse, die Entzündung verstärkende Botenstoffe des Immunsystems richtet.

Zwar hätte die Behandlung erst nach einiger Zeit angeschlagen, doch seitdem geht es dem 53-Jährigen besser. „Die Energie ist jetzt wieder da. Es ist mir noch nie so gut gegangen wie jetzt", erzählt er voller Freude. „Die Hautrötungen haben abgenommen, auch die Schuppenbildung. Und Herrn Dannehl wächst ein Bart, das war vorher nicht der Fall", präzisiert Gruber.

Die meisten Seltenen Erkrankungen sind übrigens auf genetische Veränderungen zurückzuführen. Das Interessante daran: Viele Menschen sind Anlageträger. Erst wenn aber mit einem anderen Anlageträger Nachwuchs gezeugt wird, kann die Krankheit ausbrechen. „Wahrscheinlich gibt es in Tirol mehrere tausend Personen, die eine Mutation im SPINK5-Gen und damit die Anlage für das Netherton-Syndrom im Erbgut tragen", sagt Johannes Zschocke, Direktor des Zentrums für Medizinische Genetik an der Med-Uni.

Bei Verdacht würde man mit molekulargenetischen Untersuchungen, die in Innsbruck möglich sind, Seltene Krankheiten diagnostizieren können. „Denn eine Seltene Erkrankung haben, heißt nicht, dass man nichts tun kann. Es braucht vielmehr eine besondere Expertise", so Zschocke.

Dannehl muss übrigens monatlich für eine Injektion und eine Kontrolle in die Klinik. Alle zwei Wochen gibt er sich selbst eine Spritze unter die Haut. In Westösterreich hat er laut Gruber noch fünf bis sechs Leidensgenossen.

Termin: Anlässlich des Tages der Seltenen Erkrankungen — der am 29. Februar begangen wird — veranstaltet das ZSKI am 28. Februar einen Film­abend. Um 17.30 Uhr wird im Metropol in Innsbruck „Das Glück an meiner Seite" gezeigt. Anschließend besteht die Möglichkeit zur Diskussion über die im Film thematisierte Seltene Erkrankung ALS.

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