Strahlkraft neuer Klänge und Ideen
Das bestens disponierte Tiroler Symphonieorchester Innsbruck unter Dennis Russell Davies präsentierte Bruckners Sechste Symphonie und mit Ilker Arcayürek Larchers farbintensiven Liederzyklus.
Von Ursula Strohal
Innsbruck –Neue, frische Musik wurde jahrhundertelang von den Komponisten gefordert, die sich zwar informierten, was die Künstlerväter vorangebracht hatten, aber erst spät in konkreter Auseinandersetzung andockten, umformten oder sich demonstrativ distanzierten. Das Februar-Konzert des Tiroler Symphonierorchesters Innsbruck (TSOI) war auch in dieser Hinsicht von Interesse.
Der 1920 geborene, 1973 früh verstorbene Italiener Bruno Maderna liebte die Werke der alten Meister. Die Bearbeitungen einiger Stücke des frühen 17. Jahrhunderts von Girolamo Frescobaldi mit seinen Mitteln machten jedoch eher einen entfremdeten, ausgedünnten denn intensivierenden Eindruck. Das liegt weniger an Madernas Instrumentations-Vermögen als an der Zeit. Denn bekanntlich schenken gerade seit Mitte des 20. Jahrhunderts die Forschung und daraus gewonnene Aufführungspraxis der vorklassischen Musik Ausdruckskraft und Sinnlichkeit aus möglichst annähernd eigenen Bedingungen heraus.
Dennis Russell Davies stand erstmals am Pult des TSOI und präsentierte als ersten Höhepunkt Thomas Larchers Liedzyklus „A Padmore Cycle“, den er 2016 im Wiener Musikverein zur österreichischen Erstaufführung gebracht hat. Mit dem TSOI und Tenor Ilker Arcayürek gelang nun eine wunderbar sensitive Aufführung, klanglich bestechend in der weitgehenden Genauigkeit, Abstimmung und Abmischung zwischen dem fein reagierenden Kammerorchester und dem Solisten, dessen tenorale Färbung und intensive Gestaltung den Liedern Geheimnis, Schönheit und eine aus dem Inneren kommende Strahlkraft gab. Die Anlage der Lieder, die klanglich eigenständige Beantwortung und Erweiterung der teils kryptischen Texte von Hans Aschenwald und Alois Hotschnig reihen sich in die Liedzyklen vergangener Tage.
Und schließlich Anton Bruckners Sechste Symphonie in einer glanzvollen Interpretation. Das Orchester in Hochform ließ sich ganz auf Davies’ Lesart ein, der ruhig und energetisch, ohne zu viel Pomp, mit inniger Lyrik und Schwerelosigkeit in den Mittelsätzen, aber auch mit Betonung auf die Fülle harmonischer Schroffheiten und die Wagnernähe, navigierte. Durch ein Werk, das die Traditionen der klassischen Symphonie für die Zukunft erweiterte.