Landespolitik

Zuerst die Kopfwäsche, dann die Kür: Dornauer neuer SPÖ-Chef

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, der neue Parteivorsitzende der Tiroler SPÖ, Georg Dornauer.
© APA/Groder

Eine Entschuldigung und eine Wahlempfehlung stärkten ihm den Rücken: Georg Dornauer wurde mit 85 Prozent zum neuen SP-Tirol-Vorsitzenden gewählt.

Von Manfred Mitterwachauer

Innsbruck – Es ist dies der vorläufige Höhepunkt in der politischen Karriere des 35-jährigen Sellrainers. Bürgermeister, Landtagsabgeordneter und jetzt auch Vorsitzender der Tiroler Sozialdemokratie. Georg Dornauer wurde gestern am ordentlichen SP-Landesparteitag im Haus der Musik in Innsbruck – ohne Gegenkandidaten – mit 286 der 337 abgegebenen Delegiertenstimmen (rund 85 %) zum neuen Tiroler SP-Chef gewählt. Dornauer tritt damit das Erbe von Elisabeth Blanik an, die der Partei seit 2016 vorstand. Auch das Amt des Klubchefs will er von ihr noch vor dem März-Landtag übernehmen.

Die Erleichterung ob des im Vorfeld nicht zwingend zu erwartenden großen Vertrauensvotums war Dornauer dann auch anzusehen. Beide Hände in die Höhe reißend, ein strahlendes Siegerlächeln auf den Lippen, jede Menge Gratulanten an der Seite und um ein Paar Boxhandschuhe reicher – so ließ sich Dornauer kurz vor 16.30 Uhr feiern.

Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner, Burgenlands LH und Dornauer-Vertrauter Hans Peter Doskozil und Parteigeschäftsführer Thomas Drozda konnten nicht mehr live vor Ort gratulieren – sie hatten Innsbruck bereits vor Dornauers Kür wieder den Rücken gekehrt.

Rendi-Wagner sprach den Delegierten zuvor eine klare Wahlempfehlung für Dornauer aus: „Ihr müsst Geschlossenheit zeigen. Gebt Schorsch euer Vertrauen und eure Stimme.“ Nicht ohne Dornauer vorher aber die Leviten gelesen zu haben (siehe Artikel links). Rendi-Wagner erneuerte klar und deutlich, dass Dornauers sexistisch ausgelegter Sager in Richtung der grünen Landesrätin Gabriele Fischer nicht nur für sie als Parteivorsitzende, sondern auch als Frau inakzeptabel gewesen sei. Und sie erinnerte Dornauer daran, dass er selbst die Sanktion, nämlich den Ausschluss von den Bundesgremien, akzeptiert habe. Und das dürfte auch weiter so bleiben. Denn mit Verweis auf Nationalrätin und Tirols SP-Frauenvorsitzende Selma Yildirim betonte Rendi-Wagner, dass Tirol in den Bundesgremien bereits „gut vertreten ist“:

Dornauer entschuldigte sich zu Beginn seiner Rede bei den Delegierten nochmals für seine „Flapsigkeit“: „Es tut mir leid.“ Derartiges werde nicht wieder vorkommen. Der ÖVP, die den ominösen Sager jedoch lanciert hatte, obwohl er im Landtag de facto bereits erledigt war, warf Dornauer Doppelbödigkeit vor.

Inhaltlich will Dornauer die Schlagzahl der SPÖ erhöhen: „Mit mir startet eine Mission 2023. Diese abgehobene und zerstrittene ÖVP gehört abgewählt.“ Mehr in Richtung Bund, aber wohl auch für Tirol anwendbar, gab Dornauer die Richtung vor: „Wir werden uns nicht an die Oppositionsrolle gewöhnen – wir wollen uns in die Regierung zurückgewinnen.“ Auch der Sicherungshaft erteilte Dornauer eine Absage – zudem wurde am Parteitag ein dementsprechender Initiativantrag eingebracht.

An die Delegierten appellierte Dornauer im Rückspiegel der letztwöchigen Debatten: „Ich habe Verständnis, wenn mir der eine oder andere eine Rüge erteilt. Aber: Die ÖVP wartet nur darauf, dass ich und die SPÖ geschwächt aus diesem Parteitag hervorgehen. Tuts ihr diesen Gefallen nicht.“

Stehenden Applaus bekam die scheidende Parteichefin Elisabeth Blanik. Sie richtete an die Parteigranden und wohl auch an die Adresse Dornauers folgenden Appell: „Es geht nicht darum, der Stammtischmeinung zu folgen, sondern dagegenzuhalten.“

Zu Dornauers Stellvertretern gewählt wurden: Selma Yildirim (86 %), Max Unterrainer (85 %), Eda Celik (92 %) und Stephan Bertel (96 %).

Rendi-Wagner rechnete ab: Debatten nicht hilfreich

Sie kam (spät, aber doch), sah und rechnete mit den parteiinternen Debatten der vergangenen Wochen und Monate sowie deren Proponenten ab. Der Auftritt von SP-Bundesparteiobfrau Pamela Rendi-Wagner beim gestrigen SP-Landesparteitag mutierte regelrecht zu einer Art Befreiungsschlag.

Man habe viele Initiativen gesetzt, zählte Rendi-Wagner den Delegierten Lösungsvorschläge zur Pflege, Ärztemangel oder Mietensenkung auf. Das, was aber öffentlich und medial hängen geblieben sei, seien die Debatten über den „Horizontal-Sager“ von Georg Dornauer, dessen Drängen ins SP-Bundesparteipräsidium und die vom (anwesenden) burgenländischen LH Hans Peter Doskozil weiter geschürte Debatte um eine Sicherungshaft für alle Gefährder. Und Rendi-Wagner sprach Dornauer wie Doskozil direkt an: „Was haben uns diese Diskussionen gebracht? Nichts!“ Vielmehr hätten sie die Sozialdemokratie im Bemühen um Geschlossenheit im Kampf gegen Schwarz-Blau geschwächt.

Die SP-Frontfrau warf Doskozil vor, mit seinen Meldungen zur Sicherungshaft erst eine öffentliche Debatte darüber ausgelöst zu haben, die SPÖ hätte keine gemeinsame Linie zu einem der heikelsten Themen: nämlich der Freiheit und der Menschenrechte: „Das darf uns nicht passieren.“ Niemals werde sie Gespräche über eine „Präventivhaft genereller Natur“ zulassen: „Hier ziehe ich eine klare rote Linie.“

Doskozil, der Protestplakate zu Gesicht bekam („Rot-Blau unter aller Sau“), hielt zuvor dagegen: „Es wäre wichtig, sich auf solche Diskussionen einzulassen. Eine Partei wie die SPÖ muss das aushalten.“ Man sei schließlich nicht die ÖVP, „wo jeder einem Messias hinterherlaufen muss“. Unter den Grundvoraussetzungen von Verfassungs- und Grundrechtekonformität sei auch über eine Weiterentwicklung des Gewaltschutzes zu diskutieren, so Doskozil.