Tirol

Kuhfrei oder nicht: Bemühen um Infoschiene für Wanderer

2039 Almen sind in Tirol bewirtschaftet, auf 450 von ihnen wurden 2018 Mutterkühe aufgetrieben. Viele Wanderer würden sich gern vorab informieren, ob sie mit Kuhkontakt rechnen müssen.

Viele Wanderer (mit Hunden) wollen Kuhkontakte meiden. Noch fehlt die Möglichkeit, sich über risikofreie Wege tirolweit zu informieren. Das soll sich nun ändern.

Von Brigitte Warenski

Innsbruck — Das Schadenersatzurteil nach der tödlichen Kuhattacke im Pinnistal lässt auch die Emotionen in anderen Bundesländern hochgehen. Wie berichtet, denkt Oberösterreich über ein Verbot von Hunden auf Almen nach, Kärnten will hingegen die Eigenverantwortung von Wanderern gesetzlich verankern. Nicht vergraulen, sondern informieren, heißt hingegen das Credo der Organisation Österreichs „Wanderdörfer", zu der acht Tiroler Regionen gehören.

Für die touristisch interessante Zielgruppe von Wanderern mit Hunden, für die laut Österreich Werbung statistische Daten fehlen, gibt es auf der Internetseite ( www.wanderdoerfer.at ) sogar das Spezialthema „Wandern mit Hund". Dort heißt es, dass in den Wanderdörfern „der Vierbeiner ein gern gesehener Gast" ist, viele Regionen mit hundefreundlichen Wanderwegen und hundeaffinen Gastgeberbetrieben aufwarten. „Bei uns rufen eigentlich fast täglich Gäste an, die sagen, dass sie mit ihrem Hund kommen wollen", erzählt Elisabeth Pfeifhofer von der Organisation Wanderdörfer. Zwar gibt es einige Routenempfehlungen, „aber wenn es darum geht, Kuhfreiheit zu versprechen, sind alle zurückhaltend, weil es schwierig ist, das zu garantieren". In Tirol könnte sich das nun ändern. Man hat erkannt, dass viele Wanderer — gerade mit Hunden — gern risikofrei in den Bergen unterwegs sind und den Mutterkuhherden ausweichen möchten. Kein Ding der Unmöglichkeit, denn nur auf einem kleinen Teil der Almen grasen Mutterkühe, die auch gefährlich werden können, weil sie ihre Jungen schützen wollen. 2039 Almen sind bewirtschaftet, auf nur rund 450 von ihnen wurden 2018 laut Landwirtschaftskammer Mutterkühe aufgetrieben.

Die Tiroler Landwirtschaftskammer, die kein Almenverbot für Hunde fordert, arbeitet an Lösungsmöglichkeiten. „Zusätzlich zu unseren Informationsbroschüren zum richtigen Verhalten gegenüber Weidevieh wollen wir ermöglichen, dass sich alle Wanderer schon vorab über die Begebenheiten vor Ort informieren können", sagt Pressesprecherin Judith Haaser. Ob diese Informationen „über bestehende Kanäle laufen oder etwas Neues ausgearbeitet wird, muss man sich erst anschauen. Gerade für Wanderer mit Hunden ist das sicher sinnvoll und ein wichtiges Angebot", so Haaser. Florian Neuner, Pressesprecher der Tirol Werbung, unterstreicht Haasers Aussage. „Unser Ziel ist es, Einheimische und Gäste bestmöglich zu informieren. Zusätzlich zu den bereits bestehenden Maßnahmen werden wir rechtzeitig zur kommenden Almsaison weitere Aktivitäten gemeinsam mit den Partnern wie Landwirtschaft, Land Tirol und Alpenverein abstimmen und umsetzen." Wie sich die Bedürfnisse der verschiedenen Zielgruppen, wie die der Wanderer mit Hunden, „am besten erfüllen lassen, gilt es nun gemeinsam auszuarbeiten".

Weniger Zeit für die Kühe

Ob es mehr Kuhattacken als früher gibt, lässt sich laut Josef Troxler, der 21 Jahre lang das Institut für Tierhaltung und Tierschutz der Vetmed in Wien geleitet hat, nicht sagen. „Es gibt dazu keine verlässlichen Daten. Ich komme aus einer Bauernfamilie und die eine oder andere Attacke wurde zwar als Unfall bei der Versicherung gemeldet, aber man hat keine große Geschichte daraus gemacht." Zu beobachten sei aber, dass der Mensch-Tier-Kontakt auf den Almen abgenommen hat. „Das liegt an den geänderten Strukturen in der Landwirtschaft. Früher war man Bauer im Haupt­erwerb, heute sind es die meisten nur noch im Nebenerwerb. Nach der Arbeit fehlt einfach die Zeit, täglich zu den Mutterkühen auf die Alm zu gehen. Und Hirten, die ständig bei den Kühen waren, gibt es kaum mehr." Einen Rat hat Troxler für die Bauern: hin und wieder mit einem Salzleckstein die Kühe erfreuen, „denn dann verbinden sie Menschen mit nichts Schlechtem".