Sicherungshaft: „Kontrolle, um Willkür zu verhindern“
Ein Richter solle die „Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber“ genehmigen müssen — und sie solle zeitlich begrenzt sein, sagen Kanzler Kurz und Staatssekretärin Edtstadler.
Von Karin Leitner
Wien –„Wenn wir uns einmal daran gewöhnen, dass Menschen im Vorhinein ‚vorsorglich‘ eingesperrt werden können, wohin führt das?“, fragt Kardinal Christoph Schönborn rhetorisch – gemünzt auf die von der Regierung beabsichtigte „Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber“. Er halte dies nicht nur aus rechtsstaatlicher und verfassungsrechtlicher Sicht für bedenklich, „sondern schlichtweg für brandgefährlich“, sagt Rechtsanwaltskammerpräsident Rupert Wolff.
ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache lassen sich durch derlei Warnungen nicht beirren. Sie sind gewillt, ihren Plan zu realisieren. Kurz lädt zu diesem Behufe FPÖ-Innenminister Herbert Kickl, ÖVP-Justizminister Josef Moser, ÖVP-Staatssekretärin Karoline Edtstadler und Strache demnächst in das Kanzleramt. „Wir wollen zügig einen Gesetzesvorschlag vorlegen, der rechtlich hält“, sagt Kurz. „Es geht um die richtige Ausgestaltung dieser sehr sensiblen Gesetzesmaterie. Dafür braucht es konkrete Verdachtsmomente und klar definierte Straftatbestände sowie richterliche Kontrolle, um Willkür zu verhindern.“
Das sagte auch Edtstadler in der gestrigen ORF-Pressestunde. Haft sei einer der intensivsten Eingriffe in die Grundrechte, daher sei „eine richterliche Genehmigung“ vonnöten. Auch „eine zeitliche Begrenzung“ sei „erforderlich“.
FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz hatte tags davor gesagt, dass es „eine nachgeordnete richterliche Kontrolle“ geben werde. Wann diese greifen soll, sei zu bereden. Als „Zwischenschritt“ sei ein Rechtsschutzbeauftragter denkbar. Was hält Edtstadler davon? Der Rechtsschutzbeauftragte sollte als „Plus“ dazukommen, den Richter aber nicht ersetzen: „Ich bin für sehr engen Rechtsschutz.“
Wie Kickl und Co. sagt Edtstadler, dass die „Sicherungshaft“ Teil der EU-Aufnahmerichtlinie sei. Sie sei zudem nicht das Gleiche wie „Präventivhaft“. Es gehe um eine „Lücke, die wir schließen müssen“.
Anlassfall für das Begehren der Koalitionäre ist die Messerattacke auf einen Beamten in Dornbirn, bei der dieser gestorben ist. Den Angreifer – ein in Vorarlberg geborener Asylwerber, dem verboten war, sich in Österreich aufzuhalten – in Schubhaft zu nehmen, sei nicht möglich gewesen, weil das Asylverfahren noch gelaufen sei, sagt Edtstadler. Die Oppositionsparteien sehen das anders. Sie orten „Behördenversagen“. Innenminister Kickl wolle mit seinem Haft-Vorhaben „von der eigenen Unfähigkeit ablenken“, befindet etwa NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Trotz dieser Kritik glaubt Edtstadler, dass Oppositionelle der Neuerung letztlich zustimmen.