Peter Kubelka: Großer Kinodenker mit kleinem Oeuvre
Wien (APA) - Das Label Renaissancemensch lehnt Peter Kubelka für sich selbst zwar ab. Dennoch weist der bald 85-Jährige eine ungewöhnlich we...
Wien (APA) - Das Label Renaissancemensch lehnt Peter Kubelka für sich selbst zwar ab. Dennoch weist der bald 85-Jährige eine ungewöhnlich wendungsreiche Arbeitsbiografie auf, die den späteren Avantgardefilmer vom Sport über die Museumsgründung und -leitung an die Universitäten führte. Am 23. März feiert der eloquente Verfechter des Analogfilms nun ungeachtet seiner jugendlichen Ausstrahlung den 85. Geburtstag.
Geboren wurde Kubelka 1934 in Wien, wuchs aber im oberösterreichischen Taufkirchen an der Pram auf. Nach einigen Jahren bei den Wiener Sängerknaben folgte eine Juniorenkarriere als Diskuswerfer und Judoka. Später studierte Kubelka Film an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien und am Centro Sperimentale di Cinematografia in Rom.
Dem Film wandte er sich spätestens in den 1950ern zu, entstand sein erster Film „Mosaik im Vertrauen“ doch 1955. Ihm sollten bis zum heutigen Tag sieben weitere folgen: „Adebar“ (1957), „Schwechater“ (1958), „Arnulf Rainer“ (1960), „Unsere Afrikareise“ (1966), „Pause“ (1977) und „Dichtung und Wahrheit“ (1996/2003) sowie als bisher letztes filmisches Werk 2012 „Antiphon“ als „Antwort“ auf „Arnulf Rainer“. Das Gesamtwerk des umtriebigen Wegbereiters des strukturellen Films umfasst mithin nicht mehr als knapp 70 Minuten.
Der Weg des reinen Filmemachers war Kubelka eben immer zu schmal, und so gründete er 1964 mit dem mittlerweile verstorbenen Peter Konlechner das Österreichische Filmmuseum, das sie bis 2001 leiteten. Im Tempel der Cineasten war Kubelka für das „Zyklische Programm“, eine exemplarische Filmgeschichte, verantwortlich. Auch der Einbau des „unsichtbaren Kinos“, eines gänzlich schwarzen und daher kaum wahrnehmbaren Kinoraums im Filmmuseum, geht 1989 auf sein Engagement zurück.
Die Wiener Institution blieb allerdings nicht die einzige zentrale Gründung, an der Kubelka beteiligt war, entstand doch 1970 in New York das Anthology Film Archives unter seiner Beteiligung, wofür der Österreicher unter anderen mit Filmlegende Jonas Mekas zusammenarbeitete. „Er hatte immer einen transzendentalen Zug, und ich bin ein glücklicher Atheist“, erinnerte sich Kubelka vergangenen Jänner an den damals verstorbenen Freund: „Wir haben unser Leben einer Art Film gewidmet, der dem Einzelnen eine Stimme geben und den Film von einer Industrie befreien sollte, die ihn nur als Ware verwendet. Wir waren in dieser Hinsicht Brüder im Geiste.“
Diesem Primat folgte Kubelka aber auch in anderen Disziplinen - von der Archäologie bis zum Kochen -, wo er nach dem Wesenskern der Kunst suchte. Mit der 1980 von ihm gegründeten Gruppe „Spatium Musicum“ gab er zahlreiche internationale Konzerte. Sein umfassendes Wissen vermittelte er unter anderem an mehr als 50 amerikanischen Hochschulen. Von 1980 bis 2000 war Kubelka Professor an der Staatlichen Kunsthochschule in Frankfurt am Main (Städelschule) und brachte es zuwege, dass der dortige Lehrstuhl für Film in eine „Klasse für Film und Kochen als Kunstgattung“ umbenannt wurde. Von 1985 bis 1988 war er gar Rektor der Städelschule.
Nach den schwierigen Anfangsjahren blieb Kubelkas Lebensleistung letztlich auch in Österreich nicht unbeachtet. So erhielt der Filmemacher 1980 den Großen Österreichischen Staatspreis und 2005 das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst. 2015 schloss sich dem Reigen das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien an. Und die vielleicht schönste Ehrung wurde ihm 2014 von Martina Kudlacek zuteil, die den Dokumentarfilm „Fragments of Kubelka“ veröffentlichte.
(B I L D A V I S O - Fotos von Peter Kubelka wurden zuletzt am 19. März 2014 versendet.)