Aufhören, wenn es am schönsten ist: „Danke, Willi Denifl!“
ÖSV-Kombinierer Willi Denifl beendete am Sonntag beim Weltcup-Finale in Schonach (GER) seine Karriere. Der 38-jährige Stubaier war bis zuletzt für Podestplätze gut, Olympia-Bronze 2018 strahlt am hellsten.
Von Benjamin Kiechl
Innsbruck – Wilhelm Denifl hat einen langen Atem. Er wurde oft abgeschrieben und hat sich ebenso oft zurückgekämpft. Der 38-jährige Tiroler feierte sein Weltcup-Debüt im Jahr 2000, zu einer Zeit, als Breitenwang im Außerfern noch im Weltcup-Kalender stand und der heutige ÖSV-Cheftrainer Christoph Eugen selbst noch aktiv war. „Im Springen war ich immer schon stark, an der Loipe ist Christoph dann an mir vorbeigezogen“, erinnert sich Denifl, der auf eine große Karriere mit Höhen und Tiefen zurückblicken kann: „Ich bin stolz, dass ich mich so lange durchgebissen habe. Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.“
Gestern nahm er in Schonach (GER) Abschied und belegte in seinem 295. und letzten Weltcuprennen den 16. Platz. Es gewann der Gesamtweltcupsieger Jarl Magnus Riiber vor seinem norwegischen Landsmann Jan Schmid. Dritter wurde Denifls zwei Jahre jüngerer Kollege Bernhard Gruber (36), Franz-Josef Rehrl sicherte sich mit Rang acht den dritten Platz im Gesamtweltcup. Denifl wurde in seiner Abschlusssaison Gesamt-20.
Wehmut kam mit der Ziellinie
„Als ich über die Ziellinie gelaufen bin, hat mich die Wehmut überkommen, besonders, als ich das Team und die Familie mit den ,Danke-Willi-T-Shirts‘ gesehen habe“, gestand Denifl mit deutlich belegter Stimme.
Denifl, den die Kombinierer-Familie liebevoll „den Willi“ nennt, ist besonders auf großen Schanzen eine Klasse für sich. Sein Lieblingsbakken ist Lahti (FIN). „Wenn es dort windig ist und andere am liebsten die Ski abschnallen würden, gefällt es mir am besten!“ Zum Seriensieger konnte er sich nicht hocharbeiten, dafür überzeugte er mit Herzlichkeit und gewann Fans weit über Österreichs Grenzen hinaus. „Ich werde nicht nur auf das Gewinnen reduziert. Die Leute mögen den Willi auch so – und das bedeutet mir noch viel mehr!“
Seinen letzten Heimweltcup kurz vor Weihnachten in Ramsau am Dachstein konnte er genießen. „Ich laufe die Loipe entlang, und jeden Zweiten, den ich anschaue, kenn’ ich. Das ist das Spezielle, das ist wie eine große Familie. Der Team-Oldie kämpfte bis zuletzt um ein Ticket für die Heim-WM in Seefeld. Dass er sich knapp dem später dreifachen WM-Medaillengewinner Gruber geschlagen geben musste, trug er mit Fassung. Auch das zeugt von Größe. Mit Rückschlägen hat der Athlet des SV Innsbruck-Bergisel umgehen gelernt. Die Winterspiele 2006 und 2010 musste er vor dem Fernseher verfolgen. Schon damals dachte er kurz ans Aufhören – doch es sollte zum Glück ganz anders kommen. „Ich habe dadurch menschlich viel dazugelernt“, resümiert der Stubaier.
Olympia-Bronze als Karriere-Highlight
2014 in Sotschi (RUS) feierte der Team-Weltmeister (2003) und WM-Silbermedaillengewinner (2013) mit 33 Jahren als reifer Athlet sein Olympia-Debüt und jubelte 2018 in Pyeongchang über Team-Bronze. „Das war der schönste Erfolg in meinen 17 Weltcup-Jahren“, betont Denifl. Wenige Wochen zuvor hatte er in Tschaikowski (RUS) seinen einzigen Einzel-Weltcupsieg gefeiert. Insgesamt stand Denifl 18-mal auf dem Weltcup-Podest, zuletzt im Jänner 2019 in Trondheim (Einzel) sowie am 9. Februar im Team-Sprint von Lahti.
Und dann gibt es noch ein erfreuliches Olympia-Kapitel für Denifl: „Die wichtigsten Spiele hatte ich 2002“, erklärt er schmunzelnd. In Salt Lake City war er als Ersatzmann in den USA und mangels Beschäftigung relativ oft im Österreich-Haus anzutreffen. Schüler der Tourismusschule Klessheim besorgten das Service, darunter auch die Steirerin Ute – heute Frau Denifl. In Utes Heimatort Weißkirchen hat sich der Tiroler mit den Töchtern Nina und Hanna häuslich eingerichtet. „Mir gefällt es gut in der Steiermark, aber ich werde immer ein Stubaier bleiben“, sagt der Fulpmer.
Wie es nun weitergeht, sei noch offen. Es liegen mehrere Optionen am Tisch. „Vielleicht beginne ich als Trainer oder ich gehe in die Privatwirtschaft.“ Zuerst gönnt er sich aber einen Schluck Bier, denn auf Alkohol verzichtet er jeden Winter – bis nach dem letzten Rennen und bis gestern.