Range Rover Evoque: Feinkost von der britischen Insel
Acht Jahre lang hat der Range Rover Evoque im Segment der kompakten Premium-SUV klar den Ton angegeben. Jetzt steht der Nachfolger in den Startlöchern.
Von Walter Schrott
Athen –Land Rover hat 2011 mit dem Range Rover Evoque das erste Premium-Modell im kompakten SUV-Segment auf die Straßen gebracht und damit für einen Paukenschlag gesorgt. Was Branchenkenner prompt zu Spekulationen trieb. Ob sich in dieser Klasse ein Edel-Gefährt mit dazu passender Preisgestaltung verkaufen lässt? Doch der Brite mit seinem unverwechselbaren Design war vom Start weg ein Trendsetter und hat längst Ikonen-Status erlangt. 800.000 Exemplare konnten weltweit abgesetzt werden. Jetzt ist Wachablöse angesagt. Sir Evoque der II. tritt in die Fußstapfen des Vorgängers.
Und die Briten sind schlaue Füchse. Evolution statt Revolution lautet die Devise. Man muss schon zweimal hinschauen, um den Neuen als solchen zu entlarven. An der Grundform mit der leicht abfallenden Dachlinie und ansteigenden Fensterlinie hat sich nichts geändert. Warum auch, radikale Designabenteuer könnten flugs zum Erfolgskiller werden. Die Neuheiten entdeckt man nach und nach. Noch schmalere Scheinwerfer, glattgebügelte Flächen, markante Lufteinlässe am Bug und die schwarze Blende am Heck, die die Rückleuchten verbindet, sorgen für einen noch dynamischeren Auftritt. Da hat eindeutig der größere Bruder Velar Pate gestanden, wie auch an den versenkten und automatisch ausfahrenden Türgriffen erkennbar ist.
Völlig neu präsentiert sich das Interieur. Hochwertige Materialien, exzellente Sitze und exquisite Verarbeitung sorgen für hohen Wohlfühlfaktor. Im Cockpit wurde kräftig aufgeräumt. Viele Schalter und Knöpferl sind verschwunden, bedient wird über das moderne Infotainment-System. Auch der Drehregler für die Steuerung des Automatikgetriebes wurde wieder von einem klassischen Wählhebel abgelöst. Je nach Modellver- sion serienmäßig oder optional gibt es das „Touch Pro Duo“-Infotainment-System mit zwei hochauflösenden Touchscreens. Umfassende Vernetzung ist mit Smartphone-Integration (Apple Carplay und Android Auto) sichergestellt. Der digitale Hit schlechthin sind die „Smart Settings“, die der Evoque als erstes Modell der Marke bekommen hat. Der elektronische Butler lernt, Vorlieben des Fahrers zu erkennen, und steuert Funktionen wie Sitz- und Lenkradposition oder Audio- und Klimaeinstellungen.
Dass man der Technik bei der Entwicklung des neuen Evoque den Vortritt gelassen hat, zeigt sich unter der feschen Hülle. Da ist kein Stein auf dem anderen geblieben. Basis für modernste Technologien (Mild Hybrid System) ist die neu entwickelte Plattform, die bei nahezu identischen Abmessungen zum Vorgänger ein kleines Plus an Radstand und damit mehr Platz für die Passagiere schafft. Das „Active Driveline“-Allradsystem verteilt die Antriebskraft je nach Bedarf zwischen Vorder- und Hinterachse. Allrad auf Abruf heißt das. Der Evoque ist aber weiterhin als Fronttriebler zu haben. Das modifizierte Steuerungssystem „Terrain Response 2“ erkennt, auf welchem Untergrund das Auto unterwegs ist und passt das Fahrwerk an. Zudem wurde die Wattiefe von 500 auf 600 Millimeter erhöht. Elektronische Wächter sorgen – teils serienmäßig, teils optional – für maximale Sicherheit. Das Kofferraumvolumen ist um zehn Prozent auf 591 Liter gewachsen, bei umgelegten Rücksitzlehnen (40:20:40 geteilt) lassen sich bis zu 1383 Liter Ladung verstauen.
Die Motorenfamilie umfasst einen 2.0-Turbodiesel in den Leistungsstufen 150, 180 und 240 PS. Ebenfalls aus zwei Litern Hubraum mobilisieren die Benziner 200, 250 oder 300 PS. Mit Ausnahme des Einsteigerdiesels samt Frontantrieb und 6-Gang-Schaltgetriebe sind alle Motoren mit einer 9-Gang-Automatik und einem 48-Volt-Mildhybrid-System kombiniert. Ist der Evoque langsamer als 17 km/h unterwegs und tritt der Fahrer auf die Bremse, dann übernimmt der E-Motor den Vortrieb. Elektrische Unterstützung gibt es aber auch für noch kraftvolleres Beschleunigen. Ein Plug-in-Hybrid soll in längstens einem Jahr folgen.
Daumen hoch nach ersten Testfahrten. Auf Asphalt liefert der Evoque eine gelungene Mischung aus Fahrdynamik und Fahrkomfort, im Gelände erweist er sich als talentierter Kraxler. In allzu forsch gefahrenen Kurven merkt man aber schon, dass hier fast zwei Tonnen die Fliehkräfte bemühen. Ab 40.800 Euro steht der edle Brite in der Auslage. Wer sich das Topmodell leistet, muss dann schon heftige 78.000 Euro über den Ladentisch reichen.