Vom Piraten- zum Staatenbund: Vereinigte Arabische Emirate
Wien (APA) - In nicht allzuferner Zukunft werden die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ihren „runden“ Geburtstag feiern: Vor 47 Jahren, a...
Wien (APA) - In nicht allzuferner Zukunft werden die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ihren „runden“ Geburtstag feiern: Vor 47 Jahren, am 2. Dezember 1971, schlossen sich die Emirate Abu Dhabi, Dubai, Sharjah, Fujairah, Umm al Qawain und Ajman zu einem Staatenbund zusammen, im Februar 1972 kam dann noch Ras al-Khaimah dazu. Aus der gefürchteten „Piratenküste“ wurde in den folgenden Jahrzehnten ein prosperierender Staatenbund von sieben absolutistisch regierten Monarchien.
Die kleinen arabischen Fürstentümer am persischen Golf standen seit Anfang des 16. Jahrhunderts zunächst unter osmanischem, dann unter portugiesischem Einfluss. Die Seeräuberei der an der Küste ansässigen Beduinen brachte dem Landstrich nicht nur den Beinamen „Piratenküste“ ein, sondern Anfang des 19. Jahrhunderts auch mehrere massive militärische Interventionen der Briten, die ihren Indien-Handel zu schützen trachteten. Sukzessive wurden die Emirate vom Empire zu Protektoraten, sogenannten „Vertragsstaaten“, gemacht, die die britische Krone als Schutzmacht anerkannten.
Als die ihres Empire verlustig gegangene britische Regierung schließlich 1968 auch die Aufgabe ihrer Stützpunkte „östlich von Suez“ ankündigte, beschlossen die Herrscher der sieben Vertragsstaaten sowie von Bahrain und Katar die Gründung einer Föderation. So weit kam es dann aber nicht, weil Katar und Bahrain es vorzogen, ebenso wie Kuwait separat die Souveränität von Großbritannien zu erhalten. Die britischen Truppen zogen schließlich Anfang 1971 ab, die Protektoratsverträge von 1892 wurden in „Freundschaftsverträge“ umgewandelt.
Die VAE sind (sieht man von der Sonderstellung des Papstes ab) neben Malaysia und Kambodscha die einzige Wahlmonarchie der Welt - was aber nicht bedeutet, dass es Wahlen demokratischen Anspruchs gibt: Höchstes Organ der Konföderation ist der aus den sieben absoluten Herrschern der Emirate zusammengesetzte „Oberste Rat“, der dann aus seiner Mitte das Oberhaupt des Staatenbundes wählt. Seit der Unabhängigkeit ist das stets der Emir von Abu Dhabi, derzeit Scheich Khalifa bin Zayid Al Nahyan, Sohn des Gründers und jahrzehntelangen Präsidenten der VAE, Zayed Bin Sultan al Nahayan.
Das mit Abstand größte Emirat Abu Dhabi und das zweitgrößte, Dubai, besitzen ein Vetorecht im Obersten Rat. Die 40 Mitglieder des Parlaments, das nur beratende Funktionen ausübt, werden von den Herrschern ernannt. Auch die auf der Scharia basierende Rechtsprechung obliegt den Emiren, die sie selbst ausüben oder an Kadis delegieren.
Gemessen am Nachbarn Saudi-Arabien sind die Emirate eine vergleichsweise gemäßigte Autokratie mit freier Religionsausübung. Grundrechte wie Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit unterliegen aber, wie Menschenrechtsorganisationen immer wieder kritisieren, deutlichen Einschränkungen: Vor allem Kritik am Herrscherhaus ist nie eine gute Idee. Als Korrektiv für die mangelnde persönliche Freiheit dient der Wohlstand. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der VAE zählt aufgrund seiner riesigen Erdölvorräte zu den höchsten der Welt. Auch der „Arabische Frühling“ des Jahres 2011 wurde mit Geld im Form von großzügigen Gehaltserhöhungen und Sozialleistungen erstickt - und unmissverständlichen Signalen, dass so etwas wie Opposition nicht geduldet wird.
Mehr als zwei Drittel des Gesamtterritoriums der Emirate - sie sind mit rund 83.600 Quadratkilometern fast genau so groß wie Österreich - werden von der Rub al-Khali, der größten Sandwüste der Erde, bedeckt. Weniger als 20 Prozent der rund 9,5 Millionen Einwohner sind Staatsbürger der Emirate. Die stärksten Gastarbeiterkontingente stellen Pakistan, Indien, Bangladesch, Ägypten und die Philippinen. Auch ihre oft sklavenähnliche Ausbeutung ist immer wieder Gegenstand von Vorwürfen durch Menschenrechtsorganisationen.
Aber auch neue Wege werden in dieser sonst sehr traditionellen Mustern verbundenen Gesellschaftsordnung beschritten: Seit Februar 2016 gibt es in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein Ministerium für Toleranz sowie ein weiteres für „Glück und Wohlbefinden“ - letzteres immerhin von einer Frau geleitet.