Fußball

Hans-Joachim Eckert: FIFA-Aufdecker über die dunkle Seite des Weltsports

Richter Hans-Joachim Eckert.
© Madl

Erst räumte Hans-Joachim Eckert (71) auf, dann wurde der deutsche Jurist als zu unbequemer Besen der FIFA-Ethikkommission selbst entsorgt. Am Mittwoch sprach der Aufdecker über dunkle Usancen im Weltsport.

Von Florian Madl

Innsbruck – Hans-Joachim Eckert füllte einst Aktenordner zu Praktiken bestechlicher Mitglieder des Fußball-Weltverbands FIFA, am Mittwoch füllte der Deutsche die Aula des Innsbrucker Management-Centers (MCI). Mit „Lieben Sie Märchen?“ eröffnete der 71-Jährige seine Brandrede zum Thema „Ethik, Sport & Business“. Und der Jurist sparte nicht mit markigen Worten: Im Fußball-Transfermarkt würden Spieler „wie Sklaven“ behandelt, Doping, Wettbetrug und Rassismus wären im internationalen Sport zudem an der Tagesordnung. Passend dazu folgte auf der Leinwand ein Bild des deutschen Nationalspielers Leroy Sané, in dem sich dieser mit einem offenbar 15.000 Euro teuren Designer-Rucksack zeigt. Extravaganz oder Dekadenz – was das dem Publikum wohl sagen sollte?

Der ehemalige FIFA-Präsident Sepp Blatter.
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Ein wenig gefiel sich Eckert in der Rolle des Richters, der er ja auch ist. Und ein wenig verlor sich der einstige Chef-Aufdecker der FIFA in dieser Rolle. Denn Allgemeinplätze zu dunklen Seiten des Sports sind bekannt, seinem unstrukturierten Übergang im Vortrag von Sexismus-Debatten im Schwimmsport zur Pyrotechnik in Fußballstadien konnte man kaum folgen. Worauf wollte der Mann, der als Vorsitzender der rechtsprechenden Kammer in der FIFA-Ethikkommission (2013–2017) für den Absturz von Joseph Blatter (ehemals FIFA-Präsident) und Michel Platini (ehemals UEFA-Präsident) verantwortlich war, hinaus? Sein Schluss: „Es geht um Macht und Gier.“ Nichts, was einen überrascht hätte.

Spannender wurde es erst, als der Verschwörungstheorie konkrete Inhalte folgten. So sei die 2012 neu gegliederte FIFA-Ethikkommission zwar medienträchtig vorgestellt, dann aber schnell ins Zwielicht gerückt worden. Der neue FIFA-Präsident Giann­i Infantino wähnte sich als „Geisel der Kontrollgremien“, veranlasste in der Folge die Absetzung Eckerts. Mit dieser Rolle als unbequemer Geist scheint der Deutsche gleichermaßen zu hadern und zu kokettieren, sie eröffnete ihm jedenfalls ein neues Berufsfeld: Mit seiner „Sports Governance Unit“ berät Eckert Vereine und Verbände in Sachen saubere Führung. Etwas, das der Jurist zeit seiner FIFA-Tätigkeit vermisste. „Es waren nicht die 400 Mitarbeiter, es waren einzelne Personen aus der Führungsetage.“ Der Fisch beginne eben am Kopf zu stinken. Und wie zum Beweis führte Eckert den Fall des gefallenen UEFA-Präsidenten Michel Platini ins Rennen, der über eine unerklärbare 2-Millionen-Euro-Rechnung an die FIFA gestolpert war, die FIFA-Pendant Blatter abgesegnet hatte. „Ein Mann, ein Wort“, soll der Schweizer auf die Frage geantwortet haben, warum die Leistung ohne Berücksichtigung einer Gegenleistung honoriert worden wäre.

UEFA-Präsident Michel Platini.
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Es folgten Seitenhiebe zur WM-Vergabe Katars, zu spendierfreudigen Scheichs und Geldkoffern, die die Runde machten. Erleichtert habe man ihm die Arbeit nicht, einen Bodyguard habe er indes nie gehabt. „In Bulgarien wussten wir, dass man unsere Handys abhören und die Hotelzimmer untersuchen würde.“ Das Leben eines Aufdeckers eben.

Zumindest in Ansätzen ließ Eckert erkennen, wie sich Verbände dieser Mechanismen erwehren könnten: Durch politische Kontrolle etwa, Druck von außen hätte auch im Schmiergeld-Fall des Technologie-Riesen Siemens zu Konsequenzen geführt. Und unverhohlen warb der rüstige Senior für „Whistleblower“-Seiten, die unabhängig geführt werden müssten. Das würde, etwa im Fall von Sexismus-Vorwürfen, den Opfern eine Tür öffnen. Ein Thema übrigens, das auch in der FIFA behandelt werden musste. Der Unterschied zur #MeToo-Debatte im österreichischen Skisport: „Wir haben das unter Verschluss gehalten, um die Opfer zu schützen.“

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