Afghanistan

Mehrere Tote bei Explosionen zum Neujahrsfest in Kabul

Sicherheitssperren in Kabul (Symbolfoto).
© AFP

Millionen Menschen in Afghanistan feiern das Neue Jahr. Die Stimmung ist gut, vor allem wegen der politischen Gespräche zur Lösung des langjährigen Konfliktes. Viele Menschen wünschen sich ein Jahr des Friedens. Dann aber holt die Realität sie wieder ein.

Kabul – Bei mehreren Explosionen am Neujahrstag in Afghanistan sind in der Hauptstadt Kabul mindestens sechs Menschen getötet worden. Weitere 23 seien verletzt worden, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums, Wahidullah Mayar, am Donnerstag. Allerdings war unklar, was die Explosionen verursachte.

Einem Polizeisprecher zufolge waren es drei Minen, die im Bezirk Karte Sakhi platziert worden waren. Das Verteidigungsministerium hingegen schrieb auf Twitter von Raketenbeschuss.

In dem Viertel im Westen von Kabul liegt der sogenannte Blaue Schrein, eine schiitische Moschee, an der alljährlich Neujahrsfeierlichkeiten stattfinden. Islamisten sehen in dem Fest einen heidnischen Brauch.

Die Terrormiliz IS (Daesh) reklamierte den Angriff über ihr Sprachrohr Nashir für sich. IS-Kämpfer hätten Sprengsätze inmitten von Schiiten gezündet, hieß es in der Mitteilung.

Bereits im Vorjahr hatte sich der IS zu einem Selbstmordanschlag am Neujahrstag in demselben Viertel bekannt. Dabei kamen mindestens 31 Menschen ums Leben.

Schiiten zunehmend Ziel brutaler Angriffe

Anders als in vielen muslimischen Ländern gibt es in Afghanistan keine Geschichte blutiger Fehden zwischen Sunniten und Schiiten. Seit dem Auftauchen der sunnitischen IS-Terrormiliz 2015 aber sind Schiiten zunehmend Ziel brutaler Angriffe.

Afghanistan feiert immer um den 20. März Nowruz, den Beginn des neuen Jahres. Für viele Afghanen ist es ein sehr beliebtes Familienfest. Sie besuchen sich gegenseitig zu Hause, picknicken in Parks und kommen auf Plätzen vor Moscheen zu Tausenden zusammen für Gebete und Gespräche.

Heuer war die Stimmung besonders positiv, da viele Menschen aufgrund der laufenden Gespräche zwischen den USA und hochrangigen Taliban zur politischen Lösung des Konflikts auf eine baldiges Ende des Blutvergießens hoffen. Überall wünschten sich Menschen ein Jahr des Friedens.

Der afghanische Präsident Ashraf Ghani und weitere führende Politiker feiern Nowruz jährlich in der nördlichen Stadt Mazar-i-Sharif. Als sich die Explosion in Kabul ereignete, hatten sich unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen Tausende Menschen in Mazar-i-Sharif für die Neujahrsansprache des Präsidenten versammelt.

„Möge dieses Jahr das Jahr des Friedens und der Wahlen sein“, sagte Ghani. Am Mittwoch hatte die Unabhängige Wahlkommission die afghanische Präsidentschaftswahl ein zweites Mal verschoben, nun auf den 28. September. Ghani, der für seine Wiederwahl kandidiert, sagte, er respektiere die Entscheidung der Unabhängigen Wahlkommission. „Eine weitere Verschiebung aber werden wir nicht akzeptieren.“

Präsident sprach Spannungen mit USA an

Der Präsident nahm in seiner Ansprache auch indirekt Bezug auf Spannungen zwischen den USA und der Regierung in Kabul. Ghanis Regierung fühlt sich angesichts der Direktgespräche, die Washington mit hochrangigen Taliban zur politischen Lösung des Konflikts führt, an den Rand gedrängt und von den Verhandlungen ausgeschlossen. „Wir wollen Frieden, aber wir wollen dauerhaften Frieden und nicht einen, der nach Blut riecht“, sagte Ghani. Die Regierung hatte in den vergangenen Monaten immer betont, ein langfristiger Frieden sei nur möglich, wenn sie einbezogen werde.

Ghanis Nationaler Sicherheitsberater und enger Vertrauter, Hamdullah Mohib, hatte vergangene Woche bei einem Besuch in Washington gesagt, der US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad informiere Kabul nur über „Bruchstücke“ der Verhandlungen mit den Taliban. Er griff Khalilzad zudem direkt an, indem er nahelegte, dieser lasse Kabul außen vor, weil er selbst Ambitionen habe, „Vizekönig“ einer Interims-Regierung in Afghanistan zu werden. Mohib wurde daraufhin ins US-Außenministerium zitiert.

Kurze Zeit nach seiner Rede verurteilte Ghani den Angriff in Kabul über den Kurznachrichtendienst Twitter. „Wir haben friedliche Bürger an einen Feind verloren, der keine Grenzen hat“, schrieb Ghani. (dpa)