Wasserexperten: Noch ist Tirol eine Oase der Versorgung
Zwei Wasserexperten erklären, wie man als Tiroler Wasser für die Welt spart und warum die heimischen Gewässer Schutz brauchen.
Innsbruck — In seinem Buch „Hoffnungstropfen" beschreibt Josef Nussbaumer, Wirtschaftswissenschafter der Universität Innsbruck, dass eine Welt mit sauberem Trinkwasser möglich wäre. Über die globalen Herausforderungen und Chancen sprach er gestern bei einer IKB-Veranstaltung zum Weltwassertag. Und auch die Tiroler können einen Teil beitragen.
Welche Hoffnung haben Sie, wenn Sie sich die Wassersorgung in der Welt ansehen?
Josef Nussbaumer: Wenn man das Tiroler Wasser als Maßstab nehmen würde, hätten eigentlich nicht zwei Milliarden Menschen kein sauberes Trinkwasser, dann wären es sechs Milliarden. Aber trotzdem, global gesehen wäre genug sauberes Wasser da, das Problem ist die Verteilung. Das Wassermanagementsystem fängt in Innsbruck an und hört in der Sahara auf.
Wie kann man das Wasser besser verteilen?
Nussbaumer: Zuerst muss ich einmal sagen, wenn man das Tagesbudget von den gesamten Militärausgaben weltweit einen Tag lang für die Wasserversorgung ausgeben würde, könnte man viel erreichen.
Aber hilft es auch, wenn man in Tirol Wasser spart, im Haushalt?
Nussbaumer: Es ist nicht ganz so schlimm, wenn ein Tiroler fünf Minuten länger in der Dusche bleibt. Viel schlimmer ist der virtuelle Wasserverbrauch. Wenn man sich Produkte kauft, die in wasserarmen Regionen produziert werden. Das ist ein Wasserexport von einem Land mit wenig Wasser in ein Land mit viel Wasser. Baumwolle oder Fleisch zum Beispiel brauchen viel Wasser bei der Herstellung. Wenn ich also Fleisch oder T-Shirts importiere und dann wegschmeiße, landet wertvolles Wasser im Müll.
Auf jedem Kilometer ein Hindernis, wie Kraftwerke oder Dämme
Eine warnende Stimme erhebt auch Roland Psenner, der seit den 70ern und seit dem Beginn seiner Uni-Karriere in Innsbruck das Tiroler Wasser unter die Lupe genommen hat. Inzwischen ist der ehemalige Vizerektor Präsident des Südtiroler Forschungszentrums Eurac Research.
Ist Tirol, was das Wasser betrifft, eine Oase?
Roland Psenner: Wenn man die Trinkwasserqualität betrachtet, ja, dann ist Tirol eine Oase. Man hat beim letzten heißen Sommer gesehen, dass es in Teilen Österreichs und Deutschlands bei Trinkwasserquellen Probleme gab. Tirol ist noch eine Ausnahme, aber auch im Vinschgau hatten die Bauern zum Beispiel nur Wasser, das von den Gletschern kam. Wenn diese in den Alpen weggeschmolzen sind, fehlt uns dieser Wasserspeicher.
Sorgen machen Ihnen vor allem die Gewässer, also die Flüsse Tirols. Warum?
Psenner: Weil die Gewässer in keinem guten Zustand sind. Die Biodiversität nimmt dort stärker ab als an Land. Im Durchschnitt haben wir in Österreichs Flüssen auf jedem Kilometer ein technisches Hindernis, Kraftwerke oder Dämme. Bis auf Reste am Lech gibt es keinen ursprünglichen Fluss mehr. Die Beispiele, wie Flüsse laut Wasserrahmenrichtlinien der EU auszusehen haben, sind ausgerottet.
Was schlagen Sie vor, um die Gewässersituation zu verbessern?
Psenner: Es gibt eine Plattform (Anm. „Austrian Joint Water Initiative"), bei der Experten aus Forschung, Politik und Wirtschaft zusammentreffen, um zwei Ziele zu erreichen: die Trinkwasserqualität zu erhalten und die Gewässer zu verbessern. Für das Zweite sollte man kleine Kraftwerke zurückbauen, sollten Flüsse renaturiert werden. (chris)