Handelsbeziehungen

Neue Seidenstraße: Italiens Pakt mit dem Drachen

China investiert Milliarden u.a. in Kambodscha, um das Projekt „Neue Seidenstraße“ zu forcieren.
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Italien öffnet China die Tore und brüskiert die EU: In der Hoffnung auf Milliardeninvestitionen im Zuge des Seidenstraßenprojekts droht das verschuldete Rom von China abhängig zu werden.

Rom –Italien will sich als erste große Wirtschaftsnation, als erstes Mitglied der sieben Industriemächte (G7) und als erster großer EU-Staat der chinesischen Initiative für eine „Neue Seidenstraße“ anschließen. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping traf zu diesem Zweck gestern in Rom ein. Was verheißungsvoll klingt, lässt bei den übrigen großen EU-Staaten und auch den USA die Alarmglocken schrillen.

Bei dem auch „Belt and Road Initiative“ (BRI) genannten Vorhaben geht es der kommunistischen Führung in Peking um milliardenschwere Investitionen in Häfen, Straßen, Bahnstrecken, Telekom-Netze oder Flughäfen. Geld soll in Wirtschafts- und Handelskorridore zwischen China und Europa bzw. Afrika bis nach Lateinamerika, aber auch innerhalb Asiens fließen.

Dem heillos verschuldeten Italien kommt das gerade recht. Die Wirtschaft lahmt seit Langem, vielerorts ist die Infrastruktur marode, Investitionen werden dringend gebraucht. So will die junge Regierung in Rom am Samstag eine von Peking geforderte Absichtserklärung (MoU) unterzeichnen, um sich formell hinter die geostrategischen Pläne Chinas zu stellen.

Es wird nicht nur gehofft, dass China mehr Waren „Made in Italy“ kauft, sondern auch in schwierigen Zeiten in italienische Staatsanleihen investiert, dem Land also Geld leiht. Berlin, Brüssel und Washington haben große Bedenken. Der italienische EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani bezeichnete eine Einigung mit China als „gravierenden Fehler“, der eine Gefahr für Italien und Europa darstelle. „Es ist ein Unterschied, gute Beziehungen zu China zu pflegen und sich kolonisieren zu lassen. Nicht die einzelnen EU-Länder, sondern Europa insgesamt muss über die Beziehungen zu China entscheiden. Europa den Chinesen zu überlassen, ist keine gute Idee“, sagte Tajani.

Zudem heißt es, den Projekten fehle es an Transparenz, internationalen Standards, Umweltschutzgarantien, fairen Wettbewerbsbedingungen und öffentlichen Ausschreibungen. Das Geschäft machten zumeist chinesische Unternehmen, die dann noch eigene Arbeiter schickten.

Roms Regierungsvertreter verteidigen ihre Linie. Italien sei als entwickelte Wirtschaftsmacht „deutlich weniger gefährdet“ als andere Länder, von China vereinnahmt zu werden, sagte Regierungschef Giuseppe Conte. Italien wolle keine neuen Allianzen schmieden oder sich von historischen Partnern abwenden, versicherte Vize-Premier und Industrieminister Luigi Di Maio. Vize-Regierungschef Matteo Salvini dagegen betonte zuletzt mehrmals, dass Vorsicht geboten sei. Italien wolle keine chinesische „Kolonie“ werden, sagte er unlängst.

Mehr als 100 Länder haben die Absichtserklärung unterschrieben, darunter auch osteuropäische Staaten. Für ärmere Länder sind die Pläne interessant, weil sonst niemand bei ihnen investieren will. Doch die großen Partner Italiens – Deutschland, Frankreich und Großbritannien – verweigern eine Unterschrift.

Hinter blumiger Diplomatie stecke mancher „Fallstrick“, warnen EU-Diplomaten. Obacht sei vor einer Schuldenfalle geboten, wie sie sich in Ländern wie Sri Lanka oder Pakistan offenbare. Auch wird vor einem „Trojanischen Pferd“ gewarnt – mit dem die Pekinger Führung ihren politischen Einfluss ausbaut und Abhängigkeiten schafft. (dpa)