Iffland-Ring: Ritterschlag für einen „seltsamen Heiligen“
Bruno Ganz vermachte den Iffland-Ring dem deutschen Körper- und Sprechkünstler Jens Harzer. Das verkündete Kulturminister Gernot Blümel.
Von Joachim Leitner
Innsbruck –In der Uraufführung von Botho Strauß’ „Ithaka“ 1996 in den Münchner Kammerspielen spielte Bruno Ganz den Odysseus. Und Jens Harzer spielte unter der Regie des damaligen Hausherrn Dieter Dorn den Sohn des Irrfahrers. Der große Menschendarsteller Ganz stand damals im Zenit seines Schaffens. Wenige Monate zuvor hatte er in Wien auf Wunsch von Josef Meinrad den Iffland-Ring erhalten. Als „bedeutendster und würdigster“ Bühnenkünstler des deutschen Sprachraums galt der Schweizer vielen schon davor. Jens Harzer hingegen befand sich am Anfang einer Laufbahn, die ihn bald auf die bedeutendsten Bühnen Deutschlands führen sollte. Seit 2009 ist der gebürtige Wiesbadener Ensemblemitglied des Thalia Theaters Hamburg.
Am Mittwoch dieser Woche verlas Jens Harzer, inzwischen 47 Jahre alt, bei Bruno Ganz’ Begräbnis in Zürich einen von Botho Strauß verfassten Abschiedsbrief. Gestern machte Österreichs Kulturminister Gernot Blümel öffentlich, dass Ganz Harzer zum künftigen Träger des Iffland-Rings auserkoren hat.
Das Schmuckstück soll ihm noch vor dem Sommer auf der Bühne des Wiener Burgtheaters überreicht werden.
Ganz’ Entscheidung wurde gestern einhellig begrüßt: Burgtheater-Intendantin Karin Bergmann sprach von einer „vollkommenen Wahl“, Bundestheater-Holding-Chef Christian Kirchner hob das „junge Alter“ des künftigen Ringträgers hervor und sieht „mit großer Freude“ einer „vielversprechenden schauspielerischen Zukunft“ entgegen.
Jens Harzer ist Körper- und Sprechkünstler durch und durch, ein Wortwuchter und Klangzauberer. Das zeichnet nicht nur seine Theater- und – vergleichsweise raren – Film- und Fernsehenauftritte aus, sondern auch seine Engagements als Sprecher: 2012 lieh er Stephen Dedalus in der monumentalen 22-Stunden-Einspielung des „Ulysses“ seine Stimme, 2013 stemmte er die Text-Partitur von Händl Klaus’ „Eine Schneise“.
In Österreich war er zuletzt in Johan Simons szenisch reduzierter, ganz auf die Darsteller zugeschnittenen „Penthesilea“ bei den Salzburger Festspielen zu erleben. Seit den frühen Nuller-Jahren ist Jens Harzer regelmäßig bei den Festspielen engagiert. Von 2001 bis 2004 gab er den Tod im „Jedermann“. 2004 attestierte ihm die Süddeutsche Zeitung als Edmund in „Eines langen Tages Reise durch die Nacht“ die „Aura eines seltsamen Heiligen“. 2008 brillierte er in Dostojewskis „Verbrechen und Strafe“, 2011 spielte er das Ich in Peter Handkes „Immer noch Sturm“.