Ford Mustang Bullitt: Dem Frühling schon richtig nah
Man nehme die unvernünftigste, gleichzeitig die schönste Fahrzeugkarosserie, verbaue einen wohlklingenden V8-Sauger und zehre von einer Spielfilmlegende: Fertig ist der Ford Mustang Bullitt.
Von Markus Höscheler
Wengen –Der Kampf gegen den Winter ist noch nicht ganz gewonnen, Bergfahrten in den Dolomiten belegen dies. Ab und an liegt Schnee auf höher gelegenen Straßen, so mancher Pass, wie das auf fast 2000 Metern gelegene Würzjoch, beendet mit einer Sperre die Weiterfahrt jäh – auch hier warnen Schneebeläge vor dem Befahren mit einem bloßen Hecktriebler. Einen solchen führten wir dieser Tage eben aus, es war der Ford Mustang in der Fastback-Variante. Hier wagen wir es, die Behauptung aufzustellen, die gewählte Fahrzeugkarosserie ist eine, wenn nicht gar die unvernünftigste, die sich auf vier Räder stellen lässt. Es fehlen Fondtüren, die Sitzplätze hinten dienen bestenfalls als Ablagen, der Kofferraum ist mit knapp über 400 Litern für ein 4,8 Meter langes Fahrzeug knapp bemessen. Die Kehrseite des Fastback: Attraktiver als der Mustang kann kaum ein Auto sein – ansprechend sind die geschwungene Dachlinie, die auffällig geformte, lang gezogene Motorhaube, die betonten Schultern und die Seitenschweller. Die Muscle-Car-Optik zog schon in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, sie beeindruckt auch heute noch, wie wir angesichts der Reaktionen interessierter Verkehrsteilnehmer registrieren durften.
Der Mustang ist nicht nur wegen seiner Form eine Besonderheit, sondern auch wegen eines längeren Auftritts in einem Thriller, in dem Steve McQueen einen eher kühlen Kriminalpolizisten spielte: „Bullitt“. Und genau von diesem Streifen leitet sich das Sondermodell ab, das Ford vor einigen Monaten anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums aufgelegt hat. Die gewählte Dunkelgrün-Lackierung (Montana-Grün) ist eine Reminiszenz an den Film, ansonsten hat sich in den Jahrzehnten technisch recht viel getan, wie der Innenraum zeigt: Das Instrumentarium ist volldigital ausgeführt, hinzu kommen ein Touchscreen mit Navigationsfunktion, eine Sprachbedienung und eine Reihe von Fahrerassistenzsystemen. Eine weitere Innovation stellt das MagneRide-System dar, ein adaptives Dämpfungssystem. Fahrwerk und Lenkung lassen sich verschieden abstimmen (eher komfortabel oder eher sportlich), nicht ganz so bequem mutet das Kupplungspedal an: Es braucht recht viel Kraft, um die Vorleistung für den Gangwechsel zu erbringen – wobei der Handschalter mit kurzen Wegen und präzisem Einrasten überzeugt. Während sich frühere Mustang-Generationen auf schlechtem oder nassem Asphalt recht bockig zeigten, bügelt der Mustang Bullitt Unebenheiten recht gut weg. Einem drohenden Heckausbruch stemmt sich das elektronische Stabilitätsprogramm frühzeitig entgegen. Und um Parkschäden vorzubeugen, sind Rückfahrkamera und Parksensoren bestens gewappnet.
Ungezügelt agiert der Bullitt jedoch in der Längsbewegung – vor allem bei höheren Drehzahlen, da ihm eine künstliche Beatmungshilfe verwehrt bleibt. Das maximale Drehmoment von 529 Newtonmetern liegt bei 4600 Touren an, der wahre Schub geht glücklicherweise schon früher los, zumal insgesamt 464 Pferde darauf warten, losgelassen zu werden. Lediglich 4,6 Sekunden vergehen, bis Tempo 100 km/h erreicht ist, begleitet von betörender Beschallung eines Fünfliter-V8.
Verblüfft sind wir allenfalls angesichts des Tarifs – der Bullitt als Testwagen kostet 73.123,24 Euro. Das ist bestimmt nicht wenig, aber wer Vergleichbares sucht, wird nichts zu diesem Preis finden. Die Ausstattung ist gediegen, sie beinhaltet Recaro-Sportsitze (2676,05 Euro extra) und das MagneRide-Dämpfersystem (2997,19 Euro extra).