Weltpolitik

Wahlen in Thailand: Militärregierung in zivil

Bangkok ist voller Wahlplakate: Am Sonntag sind 51 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen.
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Fünf Jahre nach einem Staatsstreich finden in Thailand am Sonntag wieder Wahlen statt. Der General, der 2014 putschte und seitdem regiert, will an der Macht bleiben.

Aus Bangkok: Miklos Romandy

Bangkok –Thailands Hauptstadt Bangkok wandelte sich über Nacht. Prägen sonst Garküchen und Verkaufsstände das Straßenbild, dominieren nun Wahlplakate von 49 Parteien. Sie versprechen allerlei: Erhöhung des Mindesteinkommens, längere Karenz für Mütter, Verbesserung der Luftqualität, ja sogar die Legalisierung von Marihuana. Der Wahlkampf ist bunt und laut, Autos mit plärrenden Lautsprechern fahren umher. Veranstaltungen sind gut besucht. Man spürt, dass die Thailänder froh sind, endlich wieder wählen zu dürfen. Experten schätzen, dass bis zu 80 Prozent der 51 Millionen Wahlberechtigten am Sonntag ihre Stimmen abgeben werden.

Favorit für das Amt des Premierministers ist ausgerechnet der Mann, der 2014 die Demokratie stoppte: Prayut Chan-ocha, ein General, der seit Jahren die Junta leitet und nun in Zivil Erfolg sucht. Er geht für eine neue Partei ins Rennen, die dem Militär nahe­steht. Wie populär Prayu­t ist, ist unklar. Umfrage­ergebnisse sind nicht konstant. Aber der General hat einen anderen Trumpf: Er hat ein Wahlsystem geschaffen, das ihm freundlich gesinnt ist. Vor der Wahl darf die Junta 250 Senatoren ernennen, die später zusammen mit 500 gewählten Parlamentariern den Premierminister wählen werden. Wenn Prayuts Senatoren ihm treu bleiben, braucht er nur noch 126 Stimmen von Parlamentariern, um weiter zu regieren.

Seit der Jahrtausend­wende waren Wahlen in Thailand im Grunde ein Kräftemessen zwischen den zwei großen politischen Lagern. Sie bekämpften sich bitter, teilweise auf der Straße. Auf der einen Seite standen die so genannten Rothemden: Sie unterstützen den populistischen ehemaligen Premier Thaksin Shinawatra, einen Telekom-Milliardär, der sich um „die kleinen Leute“ kümmerte. Seine Parteien, die vor allem im ärmeren, ländlichen Norden und Nordosten Thailands stark sind, gewannen alle Wahlen seit 2001. Thaksin lebt seit 2006 im Exil, um einer Haftstrafe wegen Korruption zu entgehen. Im Hintergrund hat er jedoch weiterhin alle Fäden in der Hand. Aufgrund des neuen Wahlsystems könnte aber ein Sieg diesmal nicht für die Übernahme der Regierung reichen.

Auf der anderen Seite hatten die Gelbhemden die traditionellen, royalistischen Eliten und das Militär hinter sich. Gelbhemden wählten die Demokratische Partei des ehemaligen Premiers Abhisit Vejjajiva. Ihre Hochburgen sind Zentral- und Südthailand. Zwar gibt es diese beiden Lager immer noch. Doch auf der gelben Seite tritt nun außer der Demokratischen Partei auch die militär­nahe Partei mit General Prayut an. Zudem gibt es eine neue Kraft: die unter jungen Thais populäre Future-Forward- Partei. Sie wird von einem jungen Milliardär geleitet, der mutig damit Wahlkampf macht, die Macht des Militärs einschränken zu wollen. Die Future-Forward-Partei verspricht zudem transparente Regierungsführung, Achtung von Menschenrechten, Dezentralisierung und ein Aufbrechen der mächtigen Wirtschafts-Kartelle. Weil das bei jungen Leuten gut ankommt und weil es sieben Millionen Erstwähler gibt, könnte die Future-Forward-Partei ordentlich abschneiden.

Keiner Partei dürfte es gelingen, die absolute Mehrheit im Parlament zu gewinnen und später zusätzlich auch noch genügend Stimmen von Senatoren bei der Wahl des Premierministers. Also dürfte eine Koalition nötig werden. Doch die politischen Lager gelten als zu verfeindet, um aufeinander zuzugehen. Die meisten haben nur einen gemeinsamen Nenner: Sie wolle­n keine Rückkehr der Militärregierung in Zivil.