„Bedeutendster und würdigster Bühnenkünstler“: Iffland-Ring an Harzer
Wien (APA) - Das Kuvert ist geöffnet: Der deutsche Schauspieler Jens Harzer, oftmaliger Gast bei den Salzburger Festspielen und Ensemblemitg...
Wien (APA) - Das Kuvert ist geöffnet: Der deutsche Schauspieler Jens Harzer, oftmaliger Gast bei den Salzburger Festspielen und Ensemblemitglied am Thalia Theater Hamburg, ist der neue Träger des Iffland-Rings. Somit ist der 47-Jährige laut seinem Vorgänger Bruno Ganz der „bedeutendste und würdigste Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters“. Die Verleihung soll vor dem Sommer am Burgtheater stattfinden.
„Bruno Ganz hat mit seiner Entscheidung einen Künstler ausgewählt, dessen Wirken weit über die Bühne hinaus reicht. Harzer ist ein Schauspieler, der durch sein facettenreiches Schaffen auffällt“, so Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP), der die Entscheidung am Freitag - zwei Tage nach der Beisetzung des Mitte Februar verstorbenen Bruno Ganz, bei der Harzer einen Brief des Dramatikers Botho Strauß verlesen hatte - via Aussendung bekannt gab. Zuvor hatte Ganz als seinen Nachfolger Gert Voss bestimmt, der war jedoch im Jahr 2014 verstorben, wodurch Ganz den Namen im Kuvert ändern musste.
In Österreich war der in Wiesbaden geborene und an der Otto-Falckenberg-Schule in München ausgebildete Bühnenkünstler, der seit 2009 Mitglied des Ensembles am Thalia Theater in Hamburg ist, vor allem bei den Salzburger Festspielen zu sehen: Von 2001 bis 2004 mimte er den Tod in Hofmannsthals „Jedermann“, 2008 spielte er in Andrea Breths Bühnenversion von Dostojewskis „Verbrechen und Strafe“, 2011 in Dimiter Gottscheffs Uraufführung von Peter Handkes „Immer Noch Sturm“. 2016 brillierte er in Deborah Warners Version von Shakespeares „Der Sturm“ als Caliban. Im vergangenen Sommer überzeugte er als Achill an der Seite von Sandra Hüller in Johan Simons Zwei-Personen-Version von Kleists „Penthesilea“ und erhielt dafür seine zweite Nestroy-Nominierung (nach 2000 für „Der Name“ von Jon Fosse).
Die Münchner Kammerspiele unter Intendant Dieter Dorn, der Harzer 1993 engagierte, waren seine erste langjährige künstlerische Heimat. Mit ihm wechselte er danach ans Bayerische Staatsschauspiel. Hier spielte er zahlreiche Hauptrollen, etwa in Bernard-Marie Koltès „Roberto Zucco“, Goethes „Urfaust“ und „Torquato Tasso“, Kleists „Amphitryon“ und Büchners „Woyzeck“ in der Regie von Martin Kusej. 2008 und 2011 (für seine Darstellung des Marquis Posa in Jette Steckels „Don Carlos“-Inszenierung) wurde er in der Kritiker-Umfrage des Fachblatts „Theater heute“ zum Schauspieler des Jahres gewählt.
Auch im Kino war Harzer, der Mitglied der Akademie der Künste Berlin ist, mehrfach zu sehen - etwa in „Requiem“ von Hans-Christian Schmid, „Der Lebensversicherer“ von Bülent Akinci und in Wim Wenders Handke-Verfilmung „Die schönen Tage von Aranjuez“. Im TV hatte er u.a. Auftritte in „Tatort“ und „Der Tatortreiniger“.
Erste Gratulationen an den neuen Iffland-Ring-Träger kamen vom Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, Christian Kircher, und Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann. Harzers „junges Alter lässt eine vielversprechende schauspielerische Zukunft erwarten, der ich mit großer Freude entgegensehe“, erklärte Kircher in einer Aussendung.
Karin Bergmann „wusste, dass Bruno Ganz eine vollkommene Wahl treffen wird, auch wenn ich mir den Iffland-Ring erstmals gut an einer Frauenhand hätte vorstellen können“. Sie freue sich für Harzer: „Was für ein ‚Ich‘, fünf Stunden in Katrin Bracks Schnipselregen auf der Bühne des Burgtheaters in Handkes ‚Immer noch Sturm‘ 2011, Regie führte der unvergessene Dimiter Gotscheff. Taumelnd, sich verlierend, wütend und ratlos - ganz eigen, ganz unverwechselbar, ganz Harzer, zutiefst berührend und am Ende triumphal.“
Der Iffland-Ring wird bisher nur an Männer weitergegeben. Diesen Umstand hatte jüngst das Fachmagazin „Theater heute“ kritisiert. Der Preis solle endlich auch für Frauen geöffnet werden, forderte die Redaktion. Für Schauspielerinnen gibt es den weitaus weniger bekannten Alma-Seidler-Ring.
Ganz, der im Februar einer Krebserkrankung erlegen war, hatte den Ring einst vom österreichischen Schauspieler Josef Meinrad (1913-1996) zugesprochen bekommen.