Terror in Christchurch

Schweigeminuten und Kopftuch: Tag der Trauer in Neuseeland

Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern trug im März als Zeichen der Solidarität mit den beim Terroranschlag von Christchurch getöteten Muslimen ein Kopftuch. Viele andere Frauen taten es ihr gleich.
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Ein Land, in Trauer vereint. Eine Woche nach dem Massaker in zwei Moscheen gedenkt Neuseeland der 50 Toten. Ein Imam macht auch anti-muslimische Parolen von Politikern für die Tat verantwortlich.

Christchurch – Zwei Schweigeminuten im ganzen Land, Menschenketten, dazu viele Frauen mit Kopftuch: Eine Woche nach dem Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch hat Neuseeland am Freitag der 50 Todesopfer gedacht. Von 13.32 Uhr bis 13.34 Uhr Ortszeit (1.32 bis 1.34 Uhr MEZ) stand in dem Pazifikstaat das öffentliche Leben praktisch still – ein Zeichen der Solidarität mit den 50 000 Muslimen, die dort zu Hause sind. Insgesamt leben in Neuseeland knapp fünf Millionen Menschen.

Die zentrale Gedenkfeier fand in einem Park in der Nähe der Al-Nur-Moschee von Christchurch statt, der größten Stadt auf Neuseelands Südinsel. Allein in dieser Moschee hatte ein Attentäter zur Zeit der Freitagsgebete in der vergangenen Woche 42 Menschen umgebracht. In einer anderen Moschee tötete er weitere acht Menschen. Wegen der Morde sitzt ein 28 Jahre alter Rassist und Rechtsextremist aus Australien in Untersuchungshaft. Ihm droht lebenslange Haft.

Die zentrale Gedenkfeier fand in einem Park in der Nähe der Al-Nur-Moschee statt.
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Kopftuch als Zeichen der Solidarität

Als Zeichen der Solidarität trugen viele Neuseeländerinnen ein Kopftuch – so wie dies Premierministerin Jacinda Ardern gleich nach dem Attentat vorgemacht hatte. In vielen Innenstädten blieben Menschen länger schweigend stehen als zwei Minuten. Die Zeremonie wurde vom Fernsehen im ganzen Land übertragen. Rund um Moscheen gab es Menschenketten. Mancherorts wurden zu Ehren der Toten auch Hakas aufgeführt, die Tänze von Neuseelands Ureinwohnern, den Maori.

Unter den Trauergästen waren mehrere Verletzte im Rollstuhl. Dabei war auch Premierministerin Ardern, die sich wieder ein schwarzes Tuch um den Kopf geschlungen hatte. Sie sagte an die Adresse der Muslime: „Neuseeland trauert mit euch. Wir sind eins.“ Zugleich erinnerte sie an eine Weisheit aus dem Koran: „Wenn ein Teil des Körpers leidet, dann hat der ganze Körper Schmerzen.“ Viele Trauergäste hatten auch Fotos der Todesopfer dabei.

„Danke für Ihre Worte und für Ihre Tränen. Danke dafür, wie Sie uns mit einem einfachen Tuch die Ehre erweisen.“
Imam Gamal Fouda

Bei der Feier sprach der Imam der Al-Nur-Moschee, Gamal Fouda, einer der Überlebenden des Anschlags. Der muslimische Geistliche bedankte sich bei der Regierungschefin: „Danke für Ihre Worte und für Ihre Tränen. Danke dafür, wie Sie uns mit einem einfachen Tuch die Ehre erweisen.“ Zum Schutz der Trauernden war die Polizei mit Hunderten von teils schwer bewaffneten Beamten im Einsatz. Über dem Park flogen Hubschrauber.

Imam warnt vor „großer Gefahr für die Menschheit“

Die Zeremonie hatte mit dem traditionellen Ruf zum Gebet begonnen. Nach den Schweigeminuten mahnte der Imam, das Massaker sei „nicht über Nacht gekommen“. „Das war das Ergebnis von antimuslimischer Rhetorik von einigen politischen Führern, von Medienagenturen und von anderen“, sagte der Geistliche. Die rassistische Theorie einer „weißen Überlegenheit“ sei eine große Gefahr für die Menschheit. Die Stimmung unter Neuseelands Muslimen fasste er so zusammen: „Unsere Herzen sind gebrochen. Aber wir sind nicht zerbrochen.“

Auch die Schwestern Madison und Sophie Hider setzten ein Zeichen der Solidarität mit den Muslimen in Christchurch.
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Im Anschluss an die Trauerfeier wurden zahlreiche Opfer beigesetzt. Allein auf den Friedhöfen in Christchurch gab es knapp 30 Beerdigungen. Manche von den Einwandererfamilien wollen ihre Toten aber auch in ihrer ursprünglichen Heimat beerdigen. Eigentlich ist es im Islam üblich, dass Tote innerhalb von 24 Stunden unter die Erde kommen. Wegen der kriminaltechnischen Ermittlungen mussten die Familien jedoch viel länger warten. Inzwischen sind alle 50 Toten identifiziert.

Infolge des Anschlags hatte Neuseeland am Donnerstag seine Waffengesetze verschärft. Halbautomatische Waffen - wie sie der Täter benutzt hatte - sind nun verboten. Der Australier muss am 5. April das nächste Mal vor Gericht erscheinen. Für den Prozess gibt es noch keinen Termin. Der mutmaßliche Täter will sich nach Angaben seines bisherigen Pflichtverteidigers allein verteidigen. Auf den vom Staat gestellten Anwalt verzichtete er. (dpa)