Donnerstags wird in Innsbruck noch immer demonstriert
Jeden zweiten Donnerstag treffen sich auch in Innsbruck Gegner von Türkis-Blau und Leute, die was sagen wollen.
Von Anita Heubacher
Innsbruck — Zum vierten Mal pilgert Beate aus Zirl nach Innsbruck, um am Donnerstag um 18 Uhr ihren Protest allein durch ihre Anwesenheit bei der Demo kundzutun. Rund 200 bis 250 Leute sind gekommen. „Es ist einfach traurig, weil man sonst gegen die Hetze von Türkis-Blau nichts tun kann", sagt sie. Unterstützt wird die 60-Jährige durch ihre Tochter und deren Freundin. „Wir sind fast jedes Mal dabei", erklären Lea und Magdalena, beide 20 Jahre alt. „Wir sind gegen eine Spaltung der Gesellschaft." Demonstriert wird üblicherweise bei der Annasäule, letzten Donnerstag war es der Franziskanerplatz, wo sich die Protestler versammelt hatten.
„Bei den Ärmsten zu sparen", regt Günter Brandt auf. Er hat seinen Ärger gleich auf ein Transparent geschrieben und hält es donnerstags „von Anfang an" in die Höhe. „Ich gehe für meine Kinder und meine Enkel auf die Straße. Sie sollen auch in einer solidarischen Gesellschaft leben können", sagt Brandt.
Österreichweit finden Donnerstagsdemos statt. Gegner der derzeitigen Bundesregierung hatten sie nach der Angelobung von Türkis-Blau im Dezember 2017 wieder aufleben lassen. Schon gegen das Kabinett Schüssel 1 wurde donnerstags demonstriert. Dem Aufruf folgten letztes Jahr in Wien zu Glanzzeiten bis zu 20.000 Menschen. Auch dort sind es weniger geworden.
„Wir würden Verstärkung brauchen", sagen Wilfried Hanser und Christina Angerer. „Auf der Straße und im Komitee." Letzteres organisiert das Programm der Donnerstagsdemo und besteht aus 15 Mitgliedern. Neben prominenten und weniger prominenten Rednern gibt es künstlerische Darbietungen. Dieses Mal unterstützt Bluatschink die Demonstranten, eine Poetry-Slammerin sorgt für Bewunderung und wehrhafte Bürger machen ihrem Ärger Luft. „Es muss nicht reflexartig gegen die Regierung sein. Wir wollen Menschen mit Zivilcourage eine Bühne bieten, kritische Stimmen sollen gehört werden", erzählt Hanser.
Mehr, die zuhören, würde es in Tirol brauchen. Im Schnitt kämen 300. Seine Landsleute in Vorarlberg seien da weit wehrhafter, meint Hanser. In Rankweil, einer mit 12.000 Einwohnern weit kleineren Stadt als Innsbruck, gingen im Schnitt 900 auf die Straße. In Dornbirn würden rund 3000 ihren Protest kundtun.
Eine Zahl, die das Organisations-Komitee auch in Innsbruck erreichen will. „Das wäre ein starkes Signal." Hanser verweist auf die Schülerdemo gegen den Klimawandel, wo 8000 Teilnehmer zu verzeichnen waren. „Uns geht es darum, auf die Zerstörung des sozialen Zusammenhalts aufmerksam zu machen." In ganz Europa finde ein Wettlauf im Senken von Sozial- und Umweltstandards statt. „Es kann schnell gehen und man wird krank oder arbeitslos. Das sollte jeder bedenken."
Hanser lässt nicht locker. Als „alter 68er" hat er 100 Demonstrationen mitinitiiert. „Ich demonstriere seit 50 Jahren." Als „Profi" weiß er, dass die Zahlen am Donnerstag wieder steigen werden: „Der Frühling kommt und es wird wärmer", lächelt er.